Von Guido Berg: Den Sohn Gottes als Chef
Drei Krankenhäuser aus Potsdam dabei: Verbund christlicher Kliniken Brandenburgs gegründet
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Zehn Kliniken in evangelischer und katholischer Trägerschaft mit insgesamt 1529 Betten und mehr als 3500 Beschäftigten haben sich zu einem „Verband christlicher Kliniken Brandenburg“ zusammengeschlossen. Darunter sind drei Einrichtungen aus Potsdam – das katholische St.-Josefs-Krankenhaus, die Oberlinklinik und das Evangelische Zentrum für Altersmedizin in der Weinbergstraße. Neben wirtschaftlichen und medizinischen Effekten soll der neue Verband vor allem die Außenwirkung der christlichen Kliniken stärken. „Das haben wir bislang versäumt: ,Tue Gutes und rede darüber“, erklärte der Geschäftsführer von St. Josefs, Gerald Oestreich, gestern vor Journalisten. Am Nachmittag präsentierte sich der Verband vor 250 geladenen Gästen im Nikolaisaal. Verbandssprecher ist der kaufmännische Vorstand des Babelsberger Oberlin-Vereins, Andreas Koch.
Konkret soll die Verbandsstruktur helfen, „unwirtschaftliche Doppelstrukturen“ abzubauen, erklärte Carsten Bittigau, Geschäftsführer des Krankenhauses Ludwigsfelde-Teltow. Als Beispiel nannte Oestreich die Konzentrierung der Oberlinhausklinik auf die Traumatologie und Endoprothetik – Bereiche, auf die das St.-Josefs-Krankenhaus verzichtet. Im Gegenzug gebe es in der Oberlinklinik keine Innere Medizin. Ferner verzichte das St.-Josefs-Krankenhaus zugunsten des Krankenhauses Ludwigsfelde-Teltow auf eine eigene Mammachirurgie.
Weitere Kooperationseffekte erhoffen sich die christlichen Kliniken bei der Anwerbung von Fachkräften. Aufgrund des demografischen Wandels – Überalterung der Bevölkerung – werden die Patientenzahlen steigen; „da rollt ein Berg auf uns zu“, so Oestreich. Die Klinikchefs stünden vor der Frage, ob sie eines Tages „malaysische Krankenschwestern“ beschäftigen müssen. Oder, wie Oberlin-Geschäftsführer Michael Hücker das Fachkräfteproblem veranschaulicht: „Unser Chefarzt fragt sich, wer ihn in 30 Jahren operieren wird.“ Derzeit „überlegen“ die Verbundkrankenhäuser, Krankenpflegeschulen zusammenzulegen bzw. „ein Dach darüber zu finden“, sagte Hücker.
Zwar sieht Bittigau „alle“ Krankenhäuser, „die nicht christlich sind“ als Wettbewerber des Verbundes. Michael Krüger jedoch versichert, dass sich der Verbund „nicht gegen jemanden richtet“. Es gehe nicht um eine Abgrenzung zu den Großkrankenhäusern in den Zentren, etwa des Bergmann-Klinikums Potsdam. Deutlicher dargestellt werden solle lediglich, dass auch kleine Krankenhäuser sehr gute Qualität in der Grund- und Regelversorgung bieten können. Krüger: „Wenn Sie einen Elektriker brauchen, wenden Sie sich auch nicht an Siemens.“
Große Bedeutung messen die christlichen Klinikchefs den gemeinsamen Werten bei. Das Motto des Verbundes lautet: „3500 Experten. Und immer ein Chef“ – Jesus Christus. In einer christlichen Klinik würde nie von „der Hüfte in Zimmer zwei“ geredet; vielmehr werde der ganze Mensch gesehen. Zur christlichen Ethik erklärte Katrin Eberhard, Geschäftsführerin des Reha-Klinikums „Hoher Fläming“ in Bad Belzig: „Wir beschäftigen keine Leiharbeitsfirmen und sind froh, das im Verbund darstellen zu können.“
Religiosität ist in den christlichen Kliniken indes nicht Einstellungsvoraussetzung, wie deren Chefs erläuterten. Ausgenommen sind Chefärzte und Geschäftsführer. Allerdings wird der Begriff der Religiosität weiter aufgefasst, als bei christlichen Kirchen vielleicht zu vermuten wäre: Im Lutherstift-Krankenhaus in Seelow praktiziert seit 2010 ein muslimischer Chefarzt für Anästhesie.
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