Links und rechts der Langen Brücke: Den Stall ausmisten
Guido Berg über eine Verwaltung, die mehr von sich reden macht, als gut ist
Stand:
Aus dem Augiasstall der Potsdamer Bauverwaltung und des Potsdamer Denkmalschutzes stinkt es gewaltig. Das wissen die Stadt und das Land seit dem – im wahrsten Sinne des Wortes – Fall des Baustadtrates Detlef Kaminski, das weiß die ganze Bundesrepublik seit Günther Jauchs Kritik an den „Pinselsanierern“, die von der Potsdamer Verwaltung bevorzugt würden. Nun schwappt die Jauchewelle direkt ans Bein des Oberbürgermeisters Jann Jakobs (SPD). In der neuen Ausgabe des „Spiegel“ heißt es, Jakobs hätte den Sanierer der Villa Gericke bevorzugt. Der Oberbürgermeister habe die Untere Denkmalschutzbehörde angewiesen, steuerrechtliche Bescheide für Teilbereiche der Sanierung der Villa Gericke auszustellen und nicht erst nach Abschluss der Baumaßnahme. PNN-Recherchen zufolge stellt sich die Situation viel entspannter dar: Natürlich können auch Bescheide für einzelne abgeschlossene Bauabschnitte erteilt werden. So hat allein das Dach der Villa Gericke, das mit seltenen Schiefertafeln gedeckt wurde, Unsummen verschlungen. Warum soll das nicht einzeln abgerechnet werden dürfen? Das Landesfinanzministerium hatte das nie beanstandet. Es wäre nahezu abschreckend für Investoren, wirkten sich Jahre dauernde Groß-Restaurierungen erst nach vollständigem Abschluss steuermindernd aus. Das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Zudem, eine teure Restaurierung wie bei der Villa Gericke hatte der Investor sogar freiwillig und aus Liebe zum Denkmal vorgeschlagen. Die ehemalige stellvertretende Leiterin der Unteren Denkmalschutzbehörde, Johanna Neuperdt, sagt, sie hätte es selbst kaum gewagt, eine solche Restaurierungs-Dimension vorzuschreiben. Nun jedoch sperrt sich die Behörde und wirft dem Investor – und anderen wie Jauch gleichermaßen – Knüppel in die Beine. Dies nicht genug, wird offenbar das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ mit halbseidenen Informationen gespickt, um den Oberbürgermeister in die Schusslinie zu bringen. Ein unerhörter Vorgang. Der Konflikt zwischen Jann Jakobs und dem Stadtkonservator Andreas Kalesse in Sachen Villa Gericke tobt schon seit Monaten und geht nun mit dem „Spiegel“-Artikel in der Ausgabe der kommenden Woche einem Höhepunkt entgegen. Natürlich ist politisch der Oberbürgermeister als Chef der 1000-Mitarbeiter-Verwaltung für alle Vorgänge innerhalb dieser verantwortlich. Das setzt ihn in das Recht und die Pflicht, Fachbereichs-Fürsten, die dem Ansehen Potsdams Schaden zufügen, in die Schranken zu weisen. Die gegenwärtige Situation wird die politische Opposition zurecht als Führungsschwäche auslegen. Jakobs kann jetzt nur noch eins tun: Ausmisten.
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