zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Denkmal- oder Klimaschutz? Klipp und Karg bei Urania-Vortrag

Windturbinen auf dem Dach des Filmmuseums – mit diesem Bild bewarb die Urania eine Veranstaltung am Dienstagabend über die energetische Sanierung von Denkmalen. Ist der Gegensatz zwischen Denkmal- und Klimaschutz tatsächlich so gravierend wie dieses Bild vermittelt?

Stand:

Windturbinen auf dem Dach des Filmmuseums – mit diesem Bild bewarb die Urania eine Veranstaltung am Dienstagabend über die energetische Sanierung von Denkmalen. Ist der Gegensatz zwischen Denkmal- und Klimaschutz tatsächlich so gravierend wie dieses Bild vermittelt? Als Antwortgeber auf diese Frage waren der frühere Landesdenkmalamtschef Detlef Karg und Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) eingeladen.

Karg erwähnte die Charta von Venedig aus dem Jahre 1964, welche die Materialgerechtigkeit als eine Art Gesetz der Denkmalsanierung formuliert habe. Danach sind Dämmwände, Solardächer sowie Kunststoff- und Schallschutzfenster nahezu ausgeschlossen. Klipp zeigte zunächst zwei Fotos von der Heilandskirche in Sacrow und einem Kolonistenhaus in der Alexandrowka. „Kein Mensch denkt hier an Wärmedämmung oder Solardächer.“ Klipp, der sich als „knallharten Radfahrer und Klimaschützer“ bezeichnet, sprach von einem nur „scheinbaren Konflikt“. 25 Prozent der Potsdamer Bausubstanz gehörten zum Denkmalbestand. Das seien 12 000 Gebäude plus Umgebungsschutz. Im Jahr 2010 gab es im Stadtgebiet 1172 Photovoltaikanlagen. 29 Prozent des Energiepotenzials dieser Anlagen befinde sich auf Denkmalen. „Bisher gab es keinen einzigen Konflikt“, sagte Klipp, der sich für eine „zeitgemäße Nutzung der Denkmale“ aussprach. Denkmale in Potsdam seien gar „Vorreiter der Energieeffizienz“.

Wie angenehmes Wohnen nach Denkmalsanierung erreicht werden kann, zeigte Architekt Jirka Arndt am Beispiel der 20er-Jahre-Siedlung Stadtheide. Hier hätten die Pro Potsdam als Bauherr und die Architekten alle Register der Energieeinsparung gezogen: Isolierfenster, Außendämmung, Dämmung von Kellerdecke und Trockenboden, nachgebaute Fensterkästen, Erhöhung der Raumhöhe im Keller, Anschluss an die Fernwärme. Ergebnis nach der Radikalkur: Das Denkmal bleibt erkenn- und erlebbar. Für Karg gibt es Grenzen: Er erzählte von Fensteröffnungen, die aufgrund der Wärmedämmung zu „tief liegenden Löchern“ werden und vom Verlust feingliedriger Fassaden. Durch Solaranlagen würden Eigenschaften und Wirkungen der Denkmale verändert. Es mangele an innovativen Lösungen für denkmalgerechte Anlagen. Aus dem Publikum argumentierte der Architekt Bernd Steigerwald gegen die Photovoltaikanlagen, deren Strom ins allgemeine Netz eingespeist wird: „Wir brauchen sie nicht, denn sie haben nichts mit dem Gebäude zu tun.“

Laut Karg sei die Baukultur durch immer mehr Lockerungen im Gesetz in Gefahr geraten. Ein Veranstaltungsteilnehmer hielt allerdings entgegen, dass Denkmalprinzipien wie zur Dachlandschaft nicht von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt werden. Der Klimaschutz habe übergeordnete Priorität. G. Schenke

G. Schenke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })