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Potsdam in Feierlaune: Denkt an Woodstock

Potsdamer sind hart im Nehmen: Das Stadtwerke-Fest fand in diesem Jahr mit verkleinertem Starangebot und bei Regen statt – Besucher kamen dennoch

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Potsdam - Traditionell ist der Lustgarten zum Stadtwerke-Fest, wenn Größen aus Pop und Rock auftreten, proppenvoll. Anders in diesem Jahr, bei der 17. Auflage der Veranstaltung. Kinder haben ausreichend Platz, um auf den Sandwegen herumzuspringen und zu tanzen. Die Schlangen vor den Toilettenwagen sind ungewohnt kurz. Der Grund: Es regnet. Es regnet schon seit Donnerstag, immer wieder, und es will einfach nicht aufhören.

Am frühen Samstagabend hatten den Weg dennoch viele Potsdamer auf sich genommen. Wer sich für eine gute Sicht nicht bereits in Bühnennähe eingefunden hatte, suchte unter den Dächern der Essensstände Schutz. Auch Christin Hirschfelder und ihre Freundin Stefanie Mühlberg haben sich hier eingefunden. Seit sechs Jahren kommen sie zum Stadtwerke-Fest, pünktlich zum Konzert der deutsch-marokkanischen Sängerin Namika standen sie auf der Wiese. Ob sie einmal daran gedacht hätten, das Fest in diesem Jahr wegen des Regens ausfallen zu lassen? Die beiden jungen Frauen schauen sich unter ihren Regenschirmen an. Dann heißt es einstimmig: „Nö!“. Tradition ist Tradition. An diesem Samstag freuen sich die beiden noch ganz besonders auf Juli und Andreas Bourani. „Ein Regencape habe ich für den Notfall noch dabei“, verkündet die 27 Jahre alte Hirschfelder. Vom Regen unbeeindruckt zeigen sich auch Ellen und Uwe Schulz. Zum zweiten Mal sind sie beim Stadtwerke-Fest, angereist aus Bochow bei Groß Kreutz. Seit ihr Sohn im vergangenen Jahr eine Ausbildung zum Industriemechaniker begonnen hat, kommen sie vorbei. „Von dem bisschen Nass lässt man sich die Laune nicht verderben“, sagt Ellen Schulz, die mit ihrem Mann Unterschlupf in einem aufgestellten Strandkorb gefunden hat.

Bei Woodstock hat es auch geregnet

Um 18.30 Uhr heißt es Bühne frei für Juli. Das Deutsch-Pop-Quintett ist für Lieder wie „Perfekte Welle“ und „Geile Zeit“ bekannt. Jetzt ist es doch sehr voll: Dort, wo sonst Leute auf ihren Picknickdecken saßen und ob drückender Hitze stöhnten, werden bunte Regenschirme in die Lüfte gereckt. Sängerin Eva Briegel ist begeistert: „Wow! Leute, denkt an Woodstock! Da hat’s auch geregnet“, ruft sie dem tanzendem Publikum zu.

Dann ist die Ostrock-Band Silly an der Reihe. Frontfrau Anna Loos hüpft gut gelaunt über die Bühne, zunächst singt die Band ein paar neuere Songs, darunter das Lied „Die Anderen“ vom 2016 erschienenen Album „Wutfänger“. Dann folgen die Klassiker. Bei „Batallion d’Amour“ und „Verlorene Kinder“ singen die Fans laut mit. „Potsdam ist die Stadt, in der ich Silly zum ersten Mal live gesehen habe“, erzählt Loos dann. Seit 2006 steht die Sängerin und Schauspielerin am Mikrofon der Band. Sie trat damit in die Fußstapfen der ehemaligen Leadsängerin Tamara Danz, die 1996 an Krebs verstarb. Potsdam sei „echt hart im Nehmen“, fügt Loos in Anspielung aufs Wetter – es regnet noch immer – hinzu. Als letzter Act steht der Augsburger Songwriter Andreas Bourani auf der Bühne. Beim WM-Hit „Auf Uns“ geht es mitsingtechnisch erneut hoch her im Lustgarten. Erst als es längst dunkel ist, gehen die geduldigen Besucher nach Hause, ins Trockene.

25.000 Besucher im Potsdamer Lustgarten

In diesem Jahr standen aus Kostengründen erstmals nur nationale Künstler auf dem Programm. Bei früheren Stadtwerke-Festen konnte noch mit Weltstars wie Tom Jones, Lionel Richie oder Santana geworben werden. Grund war eine von den Stadtverordneten beschlossene Einkürzung des Budgets auf 800.000 Euro. 2016 hatte das Fest noch 1,1 Millionen gekostet. 75-000 Euro des diesjährigen Budgets waren für die Sicherheit vorgesehen. Erstmals kamen als Schutz vor Terroranschlägen Betonblöcke, sogenannte „Nizzasteine“, zum Einsatz. An den Eingängen wurden Taschenkontrollen durchgeführt. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Wer trotz Regens zum Stadtwerke-Fest kam, war ohnehin gelassen.

Am Freitagnachmittag, als die Wiese vom Starkregen längst aufgeweicht war, hatten die Organisatoren beschlossen, vor der Bühne 30 Kilogramm schwere Kunststoffplatten auszulegen, sodass Besucher nicht im Matsch tanzen mussten. Zum Klassikabend mit dem Orchester der Universität der Künste (UdK), der dennoch ohne Bestuhlung stattfand, kamen laut Stadtwerkesprecher Stefan Klotz zirka 3500 Personen – etwas weniger als die Hälfte der Besucher der Vorjahre, als sich Potsdams Wetter stets von seiner schönsten Seite zeigte. „Das lag aber über unseren Hoffnungen“, freut sich Klotz. „Es zeigt, dass das Stadtwerke-Fest eine feste Größe im Kulturleben Potsdams ist.“

Beim Erste-Hilfe-Dienst des DRK gab es laut Klotz keine besonderen Vorkommnisse. „Der eine oder andere hat über den Durst getrunken. Aber das Stadtwerke-Fest war immer ein sehr friedliches Fest.“ Am Sonnabend zählten die Veranstalter dann gut 25.000 Besucher. Vor einem Jahr kamen insgesamt 45.000 Besucher. Das Kinderfest am Sonntag besuchten etwa 6000 Menschen. „Das ist immer noch eine gute Bilanz“, findet Klotz.

Anne-Kathrin Fischer

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