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Stadtwerkefest in Potsdam: DRK-Helfer im Rettungseinsatz

Sie kümmern sich um die Gesundheit der Besucher des Stadtwerke-Fests: 25 ehrenamtliche Helfer des Deutschen Roten Kreuzes. Auch in diesem Jahr mussten sie Gästen zur Hilfe kommen.

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Potsdam - Es knistert im Funkgerät: „Herzinfarkt, eine Person ohnmächtig.“ Alarm! Jetzt muss es schnell gehen, jede Minute zählt – pro unbehandelter Minute sinkt die Überlebenschance des Patienten um zehn Prozent. Das wissen die Rettungssanitäter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), schnell schnappen sie ihre Ausrüstung. „Defi mitnehmen“, weist Ulrich Frick seine Teamkollegen an, während er sich seine knallig-orangene Jacke überzieht. Halb rennend wuseln sich die Sanitäter durch die Konzertbesucher des Stadtwerke-Festes, sie müssen an ihnen vorbei zum Hotel Mercure. Am Einsatzort angekommen, gibt es diesmal aber Entwarnung. Der elektrische Rollstuhl eines alten Mannes ist kaputt, ist nur nach hinten über gekippt.

Fehlalarme gibt es bei Großveranstaltungen häufiger, erzählt Rettungssanitäter Frick anschließend auf dem Weg zurück zum Einsatzzelt, dem Hauptquartier der DRK-Helfer. „Die Leute können oft nicht abschätzen, was der Mensch wirklich hat – ob es etwa Herz-Kreislauf oder Alkohol ist.“ Der 29-Jährige spricht aus Erfahrung. Seit neun Jahren begleitet er das Stadtwerke-Fest mit dem DRK jetzt schon – wie seine Teamkollegen komplett ehrenamtlich, Jahr für Jahr. Etwa 200 bis 400 Stunden opfert er jährlich. Und das neben seinem Vollzeitjob. Auch den verbringt er im Gesundheitssektor, ist medizinisch-technischer Ingenieur in verschiedenen Kliniken.

30 Patienten an einem Tag

Während Frick erzählt, rauscht es erneut im Funkgerät: eine Alkoholvergiftung. Der Jugendliche wird gleich mit dem Rettungswagen in das Behandlungszelt neben der Bühne des Stadtwerke-Festes gebracht. Eine halbe Flasche Tequila, eine halbe Flasche Vodka plus X: den 18-Jährigen hat es umgehauen , obwohl es gerade einmal 19 Uhr ist. Die Lage ist angespannt. Fast regungslos liegt der 18-Jährige auf der Liege. Die sechs DRK-Sanitäter um ihn herum arbeiten im Akkord, hier sitzt jeder Handgriff, jeder kennt seine Aufgabe. Die Notärztin legt dem jungen Patienten eine Atemmaske an, eine Infusion soll ihn stabilisieren. Nach fünf Minuten ist es geschafft, der Jugendliche vorerst versorgt. Die Anspannung ist gewichen. Während die DRK-Helfer auf den Krankenwagen warten, singen sie aus voller Kehle beim Juli-Konzert mit: „Das ist die perfekte Welle“.

Über den ganzen Samstagabend kümmern sich die DRK-Helfer um 30 Patienten, zehn müssen im Intensivzelt behandelt, drei ins Krankenhaus gefahren werden. Weil im Vorfeld 40.000 Besucher erwartet wurden, ist das DRK mit 25 Helfern vor Ort. „Viele wissen nicht einmal, dass wir das ehrenamtlich machen“, sagt Frick. Oft arbeiten die DRK-Helfer am Limit, auch sie haben Nachwuchsprobleme, sagt er. Insgesamt hat der Potsdamer Ortsverband des DRK 120 Mitglieder, 40 davon im Bereitschaftsdienst der Sanitäter. „Potsdam ist eine Studierendenstadt, wenn auch nur 0,1 Prozent davon mitmachen würden, hätten wir eine gute Mannstärke“, sagt Frick. Fragt man die DRK-Helfer nach ihrer Motivation für das Engagement, bekommt man von allen zu hören: Es ist die Gemeinschaft, wegen der guten Stimmung ist das Stadtwerke-Fest unter ihnen besonders beliebt.

„Die Bereitschaft zum Helfen ist extrem gesunken"

Zwei der DRK-Helfer laufen ständig Streife über das Festgelände – um bei Problemen ansprechbar zu sein. Oder auch um selbst Hilfebedürftige zu finden. Denn immer häufiger kommt es vor, dass die Sanitäter gar nicht erst informiert werden, dem Verletzten aber auch nicht geholfen wird. So einen Fall gibt es auch heute: „Wir haben gerade einen Patienten, den wir partout nicht finden konnten“, erzählt Fricke. „Er lag hier auf dem Gelände – und alle Leute sind an ihm vorbeigelaufen, es hat niemanden interessiert.“

Kommt eine Person zu Schaden, zücken stattdessen immer mehr Leute das Handy, um Fotos zu machen, beobachtet Frick. „Die Bereitschaft zum Helfen ist extrem gesunken“, stellt er fest. Stattdessen müsse alles mit dem Handy festgehalten werden, sagt er. „Ich finde das unglaublich traurig. Warum nicht mal das Handy beiseitelegen und mit anpacken?“, fragt Frick halb appellierend. „Das hilft tausendmal mehr und gibt ein tausendmal besseres Gefühl.“ Im Akutfall müssen die DRK-Helfer die Polizei oder den Sicherheitsdienst holen, um die Gaffer abzuschirmen. Das kann die Helfer wertvolle Zeit kosten, den Verletzten auch das Leben.

Interessierte, die sich ehrenamtlich beim DRK engagieren wollen, können sich beim Ortsverband Potsdam per E-Mail unter kontakt@seg-potsdam.org melden.

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