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Landeshauptstadt: Der Außensaiter

Der Potsdamer Instrumentenbauer Peter Volkmer hat sich auf den Bau von fünfsaitigen Geigen spezialisiert

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Am Anfang erlebt Peter Volkmer Begeisterung. Er kennt das und weiß auch, dass er ein paar Tage warten muss, bis er eine endgültige Antwort erwarten kann. Die fällt dann meist zurückhaltender aus. Peter Volkmer kann damit umgehen. Er weiß, dass diese Zurückhaltung nichts mit der Qualität seiner Arbeit zu tun hat. Er hat sich für ein Instrument entschieden, das man als Außenseiter bezeichnen kann. Und da erlebt man selten die Liebe auf den ersten Ton.

Der Quinton allein schon der Name klingt befremdlich, auch ein wenig belanglos. Als dieses Instrument Anfang des 18. Jahrhunderts in Mode kam, trug es klangvollere Namen: Dessus de viole, Viola pomposa, Violetta oder Violino pomposo. Doch vielleicht ist der Name Quinton der simplen Tatsache angemessener, dass es sich bei diesem Instrument im Grunde nur um eine Geige handelt, der zusätzlich eine fünfte Saite verpasst wurde.

Peter Volkmer muss lächeln, wenn er solche Vereinfachungen hört. Schließlich hat er fünf Jahre Forschung und Entwicklung investiert, bis er einen Fünfsaiter herstellen konnte, von dem er klanglich und vor allem auch spieltechnisch zufrieden war. Angefangen hat seine Auseinandersetzung mit dem Quinton jedoch mit einer praktischen Vereinfachung, in dem er auf ein von ihm gebautes Instrument, das ursprünglich eine Bratsche werden sollte, probehalber eine fünfte Saite aufzog.

Ausgerechnet in Italien ließ Volkmer, der an der staatlichen Berufsfachschule für Geigenbau in Mittenwald ausgebildet wurde, sich auf dieses Experiment ein. Volkmer war 2001 nach Turin gegangen, nachdem er die Berliner Geigenbauer Gentges&Scheit nach zweieinhalb Jahren verlassen musste. „Die konnten sich einen Gesellen in ihrer Werkstatt damals einfach nicht mehr leisten“, sagt Volkmer. Weil er keine Geigenbauwerkstatt fand, in der er hätte arbeiten können, entschied er sich für das Geschäft „Tamà – Musica dal Mondo“. „In dem Laden wurden Instrumente aus aller Welt verkauft. Da hatte ich die Möglichkeit, mich mit indischen Geigen zu beschäftigen, die mit fünf Saiten gespielt werden.“

Zurück nach Berlin, stellte Peter Volkmer seinen ersten Quinton verschiedenen Musikern vor. Vor allem in der Folkszene ist dieser Fünfsaiter beliebt. Die Reaktionen waren durchweg positiv und bewogen ihn, an der Entwicklung eines eigenen Modells zu arbeiten.

„Natürlich kann man durch Veränderungen auf eine Geige oder Bratsche eine zusätzliche Saite aufziehen“, sagt Volkmer. Doch klanglich seien diese Instrumente auf vier Saiten ausgerichtet. „Die fünfte Saite kann sich hier gar nicht richtig entfalten.“ So begann Peter Volkmer mit der Arbeit an seinem Modell.

Optisch unterscheidet es sich auf den ersten Blick kaum von einer Geige oder dem nächstgrößeren Viersaiter, der Bratsche. Dann weist Volkmer auf die Details hin. Ein breiterer Hals, den unteren Rundungen fehlen die für die Violine typischen leichten Kanten und die Wölbung der Saiten ist eine andere. Denn neben dem optimalen Klang geht es Volkmer auch um eine optimale Bespielbarkeit. Doch trotz Schönklang und perfekter Handhabung, warum hat er sich gerade auf den Quinton spezialisiert?

Peter Volkmer weiß, dass er mit dem Instrument nie in die Massenproduktion gehen kann. Aber zu versuchen, sich auf dem Markt der Geigenbauer zu etablieren und womöglich einen Namen zu machen, erschien dem 32-Jährigen wenig verlockend. „Es ist schon für gestandene Instrumentenbauer schwierig, hier zu bestehen.“ Volkmer hat sich eine Nische gesucht, um sich hier einen Namen zu machen. Er weiß, dass der Quintone wohl immer ein Außenseiter bleiben wird.

„Wenn ich drei bis vier Instrumente im Jahr verkaufen kann, ist das schon gut.“ Neben der Folkszene hat er auch schon Musikern aus dem klassischen Bereich sein Modell vorgestellt. Die ersten Reaktionen waren euphorisch. „Dieser Klang fehlt mir ja auf der Geige“, bekommt er dann immer wieder zu hören. Doch zum Kauf entschieden sich bisher wenige. Volkmer weiß aber, dass bestimmte Dinge Zeit brauchen. Die Kosten für seine vier unterschiedlichen Modelle liegen abhängig von der Größe zwischen 3000 und 4500 Euro. „Ich habe das Instrument so konzipiert, dass es auch finanziell als Zweitinstrument gelten kann.“

Neben dem Fünfsaiter hat der gebürtige Wolfsburger die Reparatur und den Instrumentenverleih als zweites Standbein gewählt. Zusammen mit dem Gambenbauer Valentin Oelmüller hat er seine Werkstatt in der Jägerstraße 23. Volkmer will irgendwann auch einen historischen Quinton nachbauen. Doch zuerst einmal müsste er forschen, dann erst könnte er bauen. Doch immer nur nach Feierabend und wenn es seine Frau und die beiden Kinder zulassen. Doch der Reiz ist da. „Schließlich hat selbst der große Paganini Musik für die fünfsaitige Geige komponiert“, sagt Volkmer

www.volkmer-geigenbau.de

Dirk Becker

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