Sport: „Der Druck, den ich jetzt habe, ist wahnsinnig groß“
Torfrau Nadine Angerer über Turbines 0:1, die WM-Vorbereitung und das EM-Spiel heute gegen die Schweiz
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Wie haben Sie Turbine Potsdams 0:1-Niederlage zum Bundesliga-Auftakt beim TSV Crailsheim verdaut, Nadine Angerer?
Noch gar nicht. Als ich anschließend von Crailsheim aus zur Nationalmannschaft nach Koblenz fuhr, hatte ich sogar Magenschmerzen.
Worin sieht Potsdams Torfrau im Nachhinein die Ursache für diesen Fehlstart?
Während ich mit Babett und Anja (Babett Peter und Anja Mittag vom FFC Turbine/d. Red.) nach Koblenz fuhr, haben wir nur über dieses Spiel geredet und keine Ursache für diese Niederlage gefunden. Es gibt halt Spiele, in denen klappt gar nichts. Was sehr schade ist, denn wir waren wirklich auf einem guten Weg. Wir haben in der letzten Woche sehr gut trainiert, auch die Vorbereitungsspiele gegen Männermannschaften waren nicht schlecht, deshalb waren wir eigentlich optimistisch. Dann aber haben wir schon nach sechs Minuten das 0:1 bekommen, und auf einmal waren alle unsicher und teilweise wie gelähmt. Wir waren alle schlecht, die komplette Mannschaft. Meiner Meinung nach war nur die eingewechselte Jessica Wich gut; sie brachte nochmal Schwung in unser Spiel.
Ist es gut, dass man nach einem solchen Misserfolg nun erst einmal mit Deutschlands Nationalmannschaft ein EM-Qualifikationsspiel gegen die Schweiz bestreitet?
Das ist eine zweischneidige Sache. Einerseits ist der Druck kurz vor der Weltmeisterschaft natürlich groß, andererseits wäre man jetzt gern bei der Mannschaft, deren Situation durch das 0:1 schwieriger geworden ist, um mit ihr weiter zu arbeiten. Aber man kann nunmal nicht zweigleisig fahren. Jetzt müssen wir es schaffen, uns einerseits auf das EM-Spiel gegen die Schweiz zu konzentrieren und dann auch Turbines Heimspiel gegen Wattenscheid zu gewinnen.
Mittlerweile sind Sie nicht nur im Verein, sondern auch in der Nationalmannschaft die Nummer eins zwischen den Pfosten. Wie lebt es sich damit?
Gut. Ich freue mich riesig auf die WM. Wir haben in den letzten Wochen torwarttechnisch sehr viel trainiert und ich merke, dass es von Tag zu Tag besser wird. In der Vorbereitung hat man ja oft schwere Beine, die hat in dieser Phase jeder Spieler. Jetzt merkt man, dass man die Bälle wieder fest hält und auch mal den einen oder anderen unhaltbaren pariert. Es geht stetig bergauf.
Wirkt sich die Gewissheit, bei der WM als Nummer eins zu stehen, zusätzlich auf das Training aus?
Eigentlich nicht. Ich habe auch für die letzten Turniere nicht Larifari trainiert, denn ich wollte immer die Nummer eins sein. Jetzt mache ich alles genau so, obwohl der Druck, den ich jetzt habe, wahnsinnig groß ist. Das ist aber gut so, und ich kann damit umgehen.
Werden Sie am Mittwoch in Koblenz gegen die Schweiz stehen oder erhält vielleicht Ursula Holl aus Bad Neuenahr eine Chance?
Soweit ich weiß, spiele ich.
Sie haben bisher zweimal gegen die Schweiz im Tor gestanden – 1999 beim 2:0 und im vergangenen Jahr beim 6:0. Wie sind die Eidgenössinnen einzuschätzen?
Sie haben mit der in Freiburg spielenden Marisa Brunner eine sehr solide Torhüterin und mit Vanessa Bürki von Bayern München eine technisch versierte Stürmerin. Zuletzt beim 6:0 haben wir sie nach der Pause in Grund und Boden gespielt, nachdem sie anfangs auch Chancen hatten. Ich denke, sie werden sich hinten reinstellen und ihre Chancen mit gelegentlichen Kontern suchen.
Sind solche Spiele für Sie schwerer als die, in denen Sie ständig halten müssen?
Das sind die schwersten überhaupt. Ich kenne das auch von Spielen mit Potsdam. 89 Minuten bekommst du keinen Ball aufs Tor, und bei einem Befreiungsschlag in der 90. musst du doch hellwach sein.
Werden Babett Peter, Anja Mittag und Sie aus dem EM-Spiel in Koblenz etwas für Turbines Heimspiel am Sonntag gegen Wattenscheid mitnehmen können?
Wenn wir jetzt ein gutes Spiel machen, gehen wir die Partie mit noch mehr Selbstbewusstsein an. Auf uns Nationalspielerinnen liegt schließlich der Hauptdruck. Von uns erwartet man viel – hier bei der Nationalmannschaft und natürlich auch zu Hause im Verein.
Das Interview führte Michael Meyer.
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