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Von Birgitta Negel-Täuber: Der erfolgreichste Kultusminister
Vor 175 Jahren starb der Humanist Wilhelm von Humboldt – geboren wurde er am Neuen Markt in Potsdam
Stand:
Er war Diplomat, Staatsmann und Förderer der Künste. Bleibenden Ruhm hat er sich aber als Reformer des öffentlichen Unterrichtswesens erworben. 175 Jahre nach seinem Tod am 8. April 1835 ist der Name Wilhelm von Humboldt mit dem humanistischen Gymnasium und der Freiheit von Forschung und Lehre verbunden. Geboren wurde er am 22. Juni 1767 in Potsdam – im sogenannten Kabinetthaus am Neuen Markt, dem gleichen Haus, in dem auch Friedrich Wilhelm III. das Licht der Welt erblickte. Humboldts Vater war königlicher Kammerherr, die Mutter hatte ein Vermögen mit in die Ehe gebracht. Für ihre Söhne Wilhelm und den jüngeren Alexander planten die Eltern eine Karriere in hohen Staatsämtern.
Die beiden wurden ausschließlich von renommierten Privatlehrern unterrichtet. Wilhelm war nicht nur außerordentlich begabt, sondern auch fleißig. Bereits mit 13 Jahren sprach er fließend Latein, Griechisch und Französisch. Auf den Privatunterricht folgte das Studium in Frankfurt (Oder) und Göttingen. Nach seiner Heirat mit Caroline von Dacheröden verbrachte er die nächsten Jahre überwiegend mit Privatstudien und Reisen.
Der Kreis der Gelehrten in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts war klein. Alle kannten, alle besuchten sich gegenseitig. Humboldts Reisen führten ihn durch Deutschland, aber auch nach Italien, Frankreich und Spanien. Zeitweise lebte er mit seiner Familie in Jena. Durch seine hohe Bildung und seinen scharfen Verstand war er für Goethe und Schiller ein geschätzter Gesprächspartner. Mit beiden stand er bis zum Tod in Briefkontakt, mit Schiller war er eng befreundet. „Humboldt ist mir eine unendlich angenehme und zugleich nützliche Bekanntschaft“, schrieb der Dichter 1794, „denn im Gespräch mit ihm entwickeln sich alle meine Ideen glücklicher und schneller“. 1802 wurde Humboldt preußischer Ministerresident beim Heiligen Stuhl. Das Amt war unbedeutend, bot Humboldt jedoch die Möglichkeit, in Rom zu leben und seiner Leidenschaft für die Antike zu frönen. Sechs Jahre blieb er dort, dann berief ihn der Freiherr vom Stein zurück nach Berlin. Humboldt sollte im Innenministerium das öffentliche Bildungswesen reformieren. Faktisch war er damit Kultusminister – der erfolgreichste der deutschen Geschichte.
Nach Humboldts Verständnis war Bildung der Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung. Dementsprechend plante er ein dreistufiges Schulsystem: Der Elementarunterricht sollte grundlegende Fertigkeiten vermitteln, auf die das Gymnasium aufbaute. Dieses wiederum sollte auf die Universität vorbereiten. Praktisch war eine „höhere“ Bildung für den größten Teil der Bevölkerung jedoch ausgeschlossen. Dennoch ist Humboldts Forderung nach lebenslangem Lernen bis heute aktuell. Die alten Sprachen waren für ihn zentral. Krönung des Reformwerks war die Gründung der Universität Berlin, an die Humboldt große Wissenschaftler seiner Zeit berief. Doch schließlich fühlte er sich wegen der verweigerten Ernennung zum Minister gekränkt und trat zurück. Nach 1810 war er wieder im diplomatischen Dienst. Vor allem die Gegnerschaft zu Staatskanzler Karl August von Hardenberg versperrte ihm Spitzenpositionen. Schließlich zog sich Humboldt ins Privatleben auf Schloss Tegel zurück. Seinen Wohnsitz stattete er mit einer umfangreichen Antiken-Sammlung aus. Und er intensivierte sein lebenslanges Interesse an Fremdsprachen – insgesamt beherrschte er elf. Doch sein schriftstellerisches Werk blieb in weiten Teilen Fragment oder wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht. Weder als Diplomat noch als Politiker konnte er die Rolle spielen, die ihm nach eigenem Verständnis zukam. Für die Nachwelt bleibt er dagegen der Bildungsreformer, dessen Ideen bis heute nachwirken – wenn auch teils nur als Utopie. Die Realität sah immer anders aus. In seinen letzten Lebensjahren wurde es einsam um Humboldt. Nach dem Tod seiner Frau 1829 alterte er schnell. Wilhelm von Humboldt starb mit 67 Jahren auf Schloss Tegel.
Birgitta Negel-Täuber
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