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Dokumente aus einer Zeit, als die Linke noch PDS hieß.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Der erste Parteitag fehlt

Ausstellung über das Archiv der Potsdamer Linken

Stand:

Innenstadt - Nicht jedem im Haus ist klar, was sie da macht; im Keller der Alleestraße 3, am Sitz des Landesvorstandes der Linken, all die Jahre lang. Gerlinde Grahn, promovierte Archivarin und Historikerin, war 52 Jahre alt, als sie die beiden Kellerräume 1992 unter ihre Fittiche nahm. Ihren Posten als stellvertretende Direktorin des zentralen Staatsarchivs in der Berliner Straße hatte sie gerade verloren. Elitenwechsel nach 1989? Die nun 71-Jährige nickt und lächelt verlegen. Sie moniert nur schwach dagegen an. Sie haben damals „die Leitungscrew an die Luft gesetzt“. Dabei sind Archivare, sagt sie, doch ideologisch unabhängig, sie sammeln, ordnen, katalogisieren und bewahren auf, was später Rohstoff und Quelle ist für die Historiker.

Nach 20 Jahren im Kellerarchiv der Linken ist Gerlinde Grahn nun hervorgekommen in die Belle Etage. Sie hat eine kleine Ausstellung ausgearbeitet; im Wandzeitungsstil zeigt sie thematisch geordnet Dokumente und Fotos, die aus ihrem Keller stammen. Gerlinde Grahn arbeitet seit 1992 ehrenamtlich; etwa 1000 Aktenordner hat sie zusammengetragen: Parteitagsdokumente, Wahlkampfmaterialien, Ausgaben des „Linken Boten“, Einladungsschreiben zum „Maifest auf dem Kreml“, Plakate zu Karl-und-Rosa-Ehrungen, Ankündigungen von Lesungen mit linken Schriftstellern wie Walter Flegel oder Karl Gass. Es steckte keinerlei Anmaßung dahinter, als sie bei der Eröffnung ihrer Ausstellung vor Senioren in dieser Woche sagte: „Ich bin das Archiv beim Landesvorstand der Linken.“

Es gibt Archive, macht Gerlinde Grahn in ihrem Vortrag eine Anspielung auf die aktuelle Stasi-Debatte, „aus denen Dokumente noch nach Jahren wieder ans Tageslicht kommen und Entscheidungen beeinflussen“. Ob das bei ihrem Archiv so sein könnte, bleibt dahingestellt. Die SED-Akten, berichtet sie, wurden schon Anfang der 1990er Jahre an das Brandenburgische Landeshauptarchiv übergeben. „Es gibt keine SED-Dokumente in meinen heiligen Hallen“, sagt Gerlinde Grahn. Unfroh scheint sie darüber nicht zu sein. Die resolute Dame ist stolz darauf, die Beschlüsse sämtlicher Landesparteitage da zu haben – bis auf den ersten: „Ich weiß nicht, wo der Kern dieser Dokumente geblieben ist.“ Ferner nennt Gerlinde Grahn eine große Zahl an Plakaten ihr eigen. Allerdings „wächst mir das langsam über den Kopf“, wie sie sagt, schließlich sind die alle in gerolltem Zustand und nicht flach übereinander gelegt, wie es sich eigentlich gehört. Ferner finden sich in ihren beiden Kellerräumen diverse Tonbänder, Videos und Kassetten von Parteitagen und Konferenzen.

Nach ihrem Vortag bekam Gerlinde Grahn einen Blumenstrauß und eine Flasche Wein – „um den Aktenstaub herunterzuspülen“. Guido Berg

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