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Landeshauptstadt: Der Fall Villa Gericke

Hat der Oberbürgermeister einen Investor bevorzugt – oder haben die Denkmalschützer ihn benachteiligt?

Stand:

Nauener Vorstadt - Hat Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) einen Investor bevorzugt – oder hat die Denkmalbehörde selbigen benachteiligt? Auf diese Frage läuft er hinaus, der Fall Villa Gericke, den das Magazin „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe aufgreift. Der gestern öffentlich gewordene Bericht erhebt den Vorwurf, Jakobs habe auf fragwürdige Weise Einfluss genommen – zugunsten des Investors. Der Oberbürgermeister weist dies zurück. In seiner Version hat er lediglich die Gleichbehandlung des Sanierers der Villa Gericke an der Puschkinallee durchgesetzt.

Die Suche nach Antworten führt zunächst in die Vergangenheit. Denn die Villa Gericke steht nicht zum ersten Mal im Mittelpunkt eines Streits. Im Dezember 2006 wurde bekannt, dass der Bauherr der Villa angeblich 500 000 Euro Bußgeld zahlen soll, weil er den Garten der Villa „planiert“ habe – ohne Genehmigung und obwohl dieser ein Denkmal sei. Diese Meinung soll Andreas Kalesse, Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde, vertreten haben. Er soll auch von dem Bußgeld gesprochen haben. Der Bauherr, der international tätige Insolvenzrecht-Anwalt Jörg Zumbaum, kündigte daraufhin an, die Sanierung der Villa einzustellen. Gleichzeitig sagte Zumbaum damals, er habe auch seine Pläne, die Matrosenstation Kongsnaes an der Schwanenallee wieder aufzubauen, auf Eis gelegt.

Nach PNN-Informationen intervenierte bereits damals Oberbürgermeister Jann Jakobs. Zwar heißt es heute offiziell, es habe niemals ein Bußgeld oder eine Drohung damit gegeben, diese Möglichkeit sei lediglich im Gespräch gefallen – doch zumindest ordnete Jakobs eine Prüfung des Falls an. Zeitlich fällt dieser Vorgang mit der Pensionierung der früher zuständigen Gebietsdenkmalpflegerin Johanna Neuperdt zusammen.

Im Frühjahr dieses Jahres versetzt dann eine Rede von TV-Moderator Günther Jauch die Stadt in Aufruhr: Jauch, der selbst zahlreiche Potsdamer Denkmäler saniert hat, geißelt die Bauverwaltung und speziell die Denkmalpfleger. Bauherren würden ungleich behandelt, und jene mit „Rambo“-Mentalität hätten gute Chancen, durchzukommen. In Reaktion darauf ordnete Oberbürgermeister Jakobs eine externe Prüfung der Denkmalbehörde an. Ziel ist herauszufinden, ob die Denkmalpfleger alle Antragsteller gleich behandeln.

Mitten in diese Prüfungsphase fällt nun die nächste Auseinandersetzung um die Villa Gericke: Bescheide über die Rechnungen für die Sanierungsarbeiten werden in der Unteren Denkmalschutzbehörde angeblich nicht bearbeitet – obwohl vorher alles normal gelaufen sei, so Bauherr Zumbaum. Er habe sich deshalb bei der Behörde erkundigt und Jakobs davon informiert. Der sah sich daraufhin Ende März wohl zum Handeln gezwungen und erteilte die umstrittene Dienstanweisung. Inhalt: Die Behörde soll „umgehend“ die Rechnungen Zumbaums bearbeiten. Denn nur mit den Bescheiden der Denkmalschützer ist es möglich, beim Finanzamt die Steuerabschreibung zu beantragen. Laut „Spiegel“-Bericht darf Zumbaum das aber gar nicht, bevor die Villa nicht komplett saniert ist – Jakobs wiederum bestreitet dies. Die Abrechnung sei auch vorher möglich.

Die einzige politische Reaktion auf den Fall Villa Gericke kam gestern von den Grünen. Jakobs müsse die Angelegenheit „sofort und lückenlos“ aufklären, forderte Kreischef Jürgen Stelter.

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