Landeshauptstadt: Der General unter der Terrasse Babelsberger Ehepaar gibt der Schlösserstiftung wertvolle Bronzebüste zurück
Babelsberg - Eine graue Armeedecke. Wie passend für einen General.
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Babelsberg - Eine graue Armeedecke. Wie passend für einen General. Denn der grobe Wollstoff verhüllt einen: August Karl Friedrich Christian von Goeben, Gesicht nach oben, Einschussloch im Kiefer, überzogen von grüner Patina – so liegt der Hochdekorierte auf einem roten Tischchen im Schloss Babelsberg.
Natürlich nicht der Echte. Der ist schon seit 130 Jahren tot. Seine Büste ist es, die gestern Saskia Hüneke, Skulpturen-Chefin der Schlösserstiftung, in Verzückung versetzte. Bis Kriegsende zierte das 50 Kilogramm schwere Metallhaupt die sogenannte Generalsbank unterhalb der Siegessäule im Park Babelsberg – ein Halbrund, bestückt mit zwölf Götzenbildern preußischer Feldherrenkunst, von Moltke bis Kronprinz Friedrich, dem späteren Kaiser Friedrich III., von Bismarck bis von Goeben. Kaiser Wilhelm I. feierte damit die Helden der drei Kriege und Siege gegen Dänemark (1864), Österreich (1866) und Frankreich (1870/71) und er feierte damit auch sich selbst.
Als die alten Recken nach dem Ende des II. Weltkriegs nicht mehr ganz so hoch im Kurs standen, begann die Bilderstürmerei. Binnen kürzester Zeit wurden die Generäle vom Sockel gestoßen. Sie verschwanden alle – bis auf einen. Der Babelsberger Karl Röttger, ein geschichtsinteressierter und -bewusster Ingenieur, fand von Goeben beim Holzsammeln im Park, nahm ihn mit und vergrub ihn sicherheitshalber. 1946 muss das gewesen sein. So erzählen es Ulrike und Jörg Berthold, die den bronzenen Schatz gestern offiziell an die Schlösserstiftung zurückgaben. Ulrike Berthold ist die Stief-Enkelin Röttgers. Als Kind schon habe sie die Geschichte von ihrem Opa gehört. „Unter der Terrasse liegen noch Generäle“, habe er immer augenzwinkernd erzählt. So ganz sicher war sich die Familie nicht, ob Karl Röttger nun flunkerte oder nicht. Der 9. Juni 2010 sollte Aufklärung bringen. Die Bertholds erneuerten ihre Terrasse vor dem Haus der Gagfa-Siedlung in der Bruno-H.-Bürgel-Straße. „Heute Nacht graben wir die Generäle aus“, sagten sie sich. Schon nach kurzer Zeit stieß Jörg Berthold auf etwas im Sand – die Nase des Generals. Der Entschluss zur Rückgabe an die Stiftung war rasch gefasst. „Es wäre in Opas Sinne gewesen“, sagt Ulrike Berthold.
„Denkmäler sind nicht nur Kunstwerke, sie haben eine eigene Geschichte und eine eigene Biographie“, sagt Hüneke erfreut. Darum will sie von Goebens spitzbärtiges Haupt auch in seinem Zustand belassen, inklusive Patina und Einschussloch, mit dem der General wohl eher für Hitlers Verbrechen bestraft wurde. Die Generalsbank jedenfalls wird die Büste nicht mehr krönen. „Wir haben wichtigere Sanierungsvorhaben“, sagt Hüneke. Ohnehin wäre es schwierig. Die anderen Büsten sind alle verschollen. P. Straube
P. Straube
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