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Touristen strömen millionfach in die Landeshauptstadt. Dass die künftig ein bisschen mehr bezahlen und dadurch den Wegfall von fünf Millionen Euro Landesförderung in Form der Hauptstadtmittel kompensieren, dafür spricht sich die CDU aus.

© Bernd Settnik/dpa

Landeshauptstadt: Der Goldesel bockt

Potsdam liebäugelt mit einer Tourismusabgabe, aber die Branche stellt sich quer

Von Matthias Matern

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Das Land Brandenburg streicht seiner Landeshauptstadt die Zulage und plötzlich droht ein großes Loch im städtischen Haushalt – nun sollen die Touristen ran. Das zumindest findet Potsdams Beigeordnete für Kultur, Sport und Bildung, Iris Jana Magdowski (CDU). Vorbilder für eine kommunale Tourismusabgabe gäbe es in Deutschland mehrere. Erst Ende vergangenen Jahres etwa hatte die Stadt Köln eine sogenannte Bettensteuer eingeführt. „Ich würde das Rad nie neu erfinden wollen“, meint Magdowski. „Wenn das da gut läuft, machen wir das auch so.“ Auch Magdowskis Parteifreund, der CDU-Landtagsabgeordnete Steeven Bretz, findet die Idee einer Tourismusabgabe in Potsdam gut. Damit könnte „Potsdam seine Probleme selbst in den Griff bekommen“, so Bretz. Bei den Tourismusfunktionären des Landes allerdings stößt der Vorschlag auf wenig Gegenliebe.

„Zunächst einmal freuen wir uns natürlich, dass der Tourismus in der Stadt als so erfolgreich wahrgenommen wird und man glaubt, durch ihn wegfallende Zuschüsse kompensieren zu können“, meint etwa Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH. Offensichtlich solle sich der Tourismus zur berühmten „eierlegenden Wollmilchsau“ entwickeln, der neben den Schlössern und Gärten der Stadt nun auch kommunale Aufgaben mitfinanziere. „Wir freuen uns auf weitere ’kreative’ Vorschläge, zu denen ja offensichtlich die Fachmeinung der Touristiker vorab nicht gefragt zu sein scheint“, so der oberste Tourismusvermarkter des Landes. Olaf Lücke, Geschäftsführer des brandenburgischen Hotel- und Gaststättenverbandes, ist ebenfalls verärgert. „Dass denen nichts Besseres einfällt, als eine Branche zu belasten, von der offenbar angenommen wird, dass dort richtig viel Geld verdient wird.“ Bereits jetzt leisten die Hoteliers durch Beteiligungen an Veranstaltungen oder die kostenlose Bereitstellung von Hotelbetten für Künstler jährlich rund 240 000 Euro für die Stadt, betont Lücke. Dazu komme noch die Gewerbesteuer. „Wir als Dehoga lehnen eine Bettensteuer, Tourismusabgabe oder wie auch immer eine neue Abgabe heißen möge, ab“, poltert der Verbandschef.

Ob die Stadt Potsdam die Geldquelle Tourismus in absehbarer Zeit anzapfen kann, ist jedoch ohnehin fraglich. Zuerst müsste sich der brandenburgische Landtag dazu durchringen, das Kommunalabgabegesetz zu ändern. Denn außer Kurorten seien nur Gemeinden dazu berechtigt, einen Fremdenverkehrsbeitrag zu erheben, in denen die „Zahl der Fremdübernachtungen im Jahr in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt“, heißt es im Gesetzestext. „Potsdam hat etwa 155 000 Einwohner – das schaffen wir nicht“, gibt Iris Jana Magdowski zu. „Wenn das Land schon die Hauptstadtmittel streicht, muss es wenigstens das Gesetz so ändern, dass wir eine Abgabe einführen können“ , fordert sie. Bretz hat bereits stellvertretend für die CDU-Landtagsfraktion signalisiert, bei Bedarf zu helfen und für „Mehrheiten zu werben“. Damit jedoch enden die Gemeinsamkeiten der beiden Parteifreunde. Während Magdowski das Land für die drohende Finanzmisere der Stadt verantwortlich macht, findet Bretz: „Die Landeshauptstadt ist selbst schuld.“ „Wenn man in der Politik sitzt, kann man immer mit großen Kanonen schießen. In der Verwaltung geht das nicht“, kontert Magdowski.

Derweil zeigt das Beispiel Nordrhein-Westfalen, dass das Rad offenbar gar nicht so rund läuft. Angaben der Dehoga Nordrhein zufolge sind die Übernachtungszahlen in Köln seit der Einführung der Bettensteuer um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr geschrumpft, in Düsseldorf dagegen um 20,6 Prozent gestiegen. Obwohl die Landesregierung im September 2010 extra die rechtlichen Grundlagen für die Steuer geschaffen hatte, lehnen andere Kommunen des Landes eine Einführung mittlerweile dankend ab.

Brandenburgs Dehoga-Chef Lücke fürchtet ebenfalls Verluste, sollte in Potsdam eine Tourismusabgabe erhoben werden. Bereits jetzt würden viele Besucher der Stadt in Berlin nächtigen. Dieses Verhältnis könnte sich weiter verschlechtern. „Die Hoteliers in Berlin würden sich die Hände reiben“, glaubt Lücke.

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