Landeshauptstadt: Der hohe Preis für Friedrichs Eile
Seit 22 Jahren laufen die Restaurierungsarbeiten an den Kolonnaden – jetzt sind sie fast beendet
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Sanssouci - Schwierigkeiten? Frank Meise winkt ab. „Wir sind anspruchsvolle Aufgaben gewöhnt“, meint der Steintechniker und zählt seine Erfahrungen auf: Brandenburger Tor und Schauspielhaus in Berlin, demnächst geht es zu Ludwigs II. Märchenschloss Neuschwanstein in Bayern. Die letzten drei Jahre aber verbrachte der 32-Jährige in Potsdam. Dort arbeitete er an einer der langlebigsten Baustellen, die die Schlösserstiftung zu bieten hat – den Kolonnaden am Neuen Palais.
Seit 30 Jahren mehr oder weniger unter Gerüsten versteckt, konnte die Sanierung des maroden Bauwerks erst dank des 155 Millionen Euro schweren Masterplans, den der Bund, Brandenburg und Berlin zur Rettung bedrohter Schlösser aufgelegt haben, mit dem nötigen Druck vorangetrieben werden. „Wir sind auf der Zielgeraden“, sagte Stiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh am Freitag bei einer Feier für die Bauarbeiter. Bis zum kommenden Frühjahr soll auch der Sockel restauriert sein, dann werden die Besucher das größte Natursteinbauwerk Potsdams erstmals seit 1945 wieder in seinem historischen Zustand erleben – mit der Kuppel auf dem Triumphtor, deren Vorgängerin von einer Fliegerbombe zerstört wurde. Ein Teil der Nordkolonnade musste in den 80er Jahren abgebaut werden, weil er einsturzgefährdet war.
Schon seit der Erbauungszeit hatte das Bauwerk mit den Folgen der enormen Eile zu kämpfen, mit der es errichtet wurde: Binnen zwei Jahren, 1768/69, hatte Carl von Gontard den Sandsteinbau im Auftrag Friedrichs II. hochgezogen. Über die Jahrhunderte verschlimmerte sich der Zustand, eine Aufhübschung für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin richtete mehr Schaden als Nutzen an, den Rest besorgte der Zahn der Zeit. Am Ende, bilanzierte Masterplan-Projektleiter Ayhan Ayrilmaz, waren die Eisenanker so durchgerostet, dass sie „statisch wirkungslos“ waren, in den Säulen gab es Risse von bis zu acht Zentimeter Breite und Lotabweichungen von bis zu 14 Zentimetern.
Ein Heer von Maurern, Steinmetzen, Zimmerleuten, Statikern, Restauratoren und Planern hat die Schäden nun behoben: 234 Verträge mit 119 Firmen habe die Stiftung seit 1990 allein für die Kolonnade geschlossen, sagte Dorgerloh. 24,7 Millionen Euro sind in die originalgetreue Rekonstruktion des Bauwerks geflossen, der weitaus größte Teil davon stammt aus dem Masterplan.
Wenn das 700 Tonnen schwere Stahlgerüst im Frühjahr 2013 komplett weg ist, sollen die Außenanlagen in Angriff genommen werden. Dazu gehöre auch die Sanierung der Mopke, des im holländischen Stil mit hochkant stehenden gelben Ziegeln gepflasterten Platzes zwischen Kolonnaden und Neuem Palais.
Bis dahin haben Meise und seine Kollegen allerdings noch einiges zu tun. Die Handwerker arbeiten sich Schicht für Schicht nach unten – rund 2,50 Meter fehlen noch bis zur Erde.
Teilweise mussten die Steintechniker und -metze sogar fehlende Säulensegmente einfügen, wobei das darüberliegende Stück entsprechend abgestützt werden musste. „Das waren schon anspruchsvolle Sachen“, sagte Meise. Doch sei dies für einen guten Steintechniker Alltag: „Unlösbares war nicht dabei.“
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