Sport: „Der Leistungssport ist das Etikett“
Landessportbund-Präsident Hans-Dietrich Fiebig über finanzielle Engpässe, die auch den Sport betreffen können, über Brandenburgs Spitzensport in Peking, frühkindliche Erziehung und die Sportstättensituation
Stand:
2009 droht in Deutschland wie weltweit ein Jahr wirtschaftlicher Rezession zu werden. Können sich die Brandenburger dann noch wie bisher das Sporttreiben leisten, Herr Fiebig?
Ich denke ja. Natürlich werden wirtschaftliche und damit finanzielle Schwierigkeiten die gesamte Gesellschaft und damit auch uns treffen, beispielsweise bei Sponsorenleistungen. Aber durch die Entscheidung der Landespolitik, die Sportförderung in Brandenburg auf 15 Millionen Euro festzulegen, müssen wir uns keine übertriebenen Sorgen machen.
Kann der Sport im Land mit diesen 15 Millionen Euro leben?
Die Rahmenbedingungen sind für uns im Vergleich zu anderen Bundesländern im positiven Sinne bemerkenswert, vor allem haben wir Planungssicherheit für wichtige Positionen.
Trotzdem wird das organisierte Sporttreiben teurer. Warum muss der Beitrag pro Vereinsmitglied für den Deutschen Olympischen Sportbund ab 2010 von elf auf 18 Cent steigen, wie kürzlich beschlossen?
Schon bei der Fusion des Deutschen Sportbundes mit dem Nationalen Olympischen Komitee vor einigen Jahren war bekannt, dass der DSB finanzielle Probleme hatte, was auch in einer vielleicht nicht ganz so konsequenten Haushaltsführung wie hier bei uns im Land Brandenburg seine Ursache hatte. Diese finanzielle Schieflage können wir aus unserer Erfahrung nicht verstehen. Man hat nun in der Mitgliederversammlung dem DOSB die Aufgabe gestellt, die Schwerpunkte für die wirtschaftliche Konsolidierung festzustellen und auch nachzuweisen, dass die geplante Beitragserhöhung tatsächlich notwendig ist. Ich denke, am Ende wird es bei fünf bis acht Cent mehr im Jahresbeitrag bleiben.
Ist denn auch vorgesehen, dass der Landessportbund Brandenburg seine Mitgliedsbeiträge nach 2007 erneut erhöht?
Wir hatten vor 2007 über zehn Jahre einen festen Beitrag. Über Veränderungen beim Beitrag wird immer wieder nachgedacht, das gebietet schon unsere Verantwortung für den Sport im Land. Aber gegenwärtig ist es nicht vorgesehen.
Könnte es sein, dass durch Teuerungen dem organisierten Sport Mitglieder in beträchtlicher Größenordnung verloren gehen?
Das glaube ich nicht. Vielmehr haben wir eine gute Chance, auch in nächster Zeit über einen ausgeglichenen Haushalt zu verfügen, wenn es uns gelingt, noch mehr Mitglieder an uns zu binden. Es wird oft unterschätzt, dass die Mitglieder die größte Gewähr und Sicherheit für eine stabile Situation sind. Und wir haben in diesem Jahr die 300 000-Mitglieder-Grenze überschritten.
Wie haben Sie das erreicht?
Unsere Mitgliedsvereine verstehen es, sich nach den Interessen der Einwohner ihrer Stadt oder ihres Dorfes zu orientieren und nicht nur Fußball zu spielen. Viele Vereine haben ihre Angebote geändert. Es hat sich beispielsweise einiges für die Kinder im Vorschulbereich getan, aber auch für Mädchen und Frauen im Sport und die ältere Generation.
Stichwort Vorschulbereich: Warum engagiert sich der Landessportbund, der bereits Träger einer Kita und eines Horts in Potsdam ist, selbst so in der frühkindlichen Erziehung?
Wenn man als Sport seinen Beitrag für gesunde, leistungsfähige Menschen leisten will, kann man nicht erst mittendrin anfangen. Wir haben ja nicht nur im Land Brandenburg im Kindergartenbereich die beklagenswerte Situation, dass sportliche Bewegung nicht unbedingt zum Tagesablauf der Mädchen und Jungen gehört. Mit der Übernahme der angesprochenen Einrichtungen zeigen wir in Partnerschaft mit der Universität Potsdam, worauf es ankommt: Kinder vorzubereiten für die Ansprüche in der Grundschule. Außerdem engagieren wir uns auch im Rahmen des Aktionsbündnisses für den Schulsport.
Will der LSB noch weitere Kitas oder Schulhorte in Eigenregie übernehmen?
Wir sind daran interessiert. Es gibt allerdings nur noch wenige Einrichtungen, die durch die Kommunen vergeben werden, denn die meisten befinden sich bereits in Trägerschaften.
Welche Rolle spielt der Hochleistungssport Ihrer Meinung nach in der Sportlandschaft Brandenburgs?
Der Leistungssport ist das Etikett unserer Bemühungen. Natürlich ist die sportliche Betätigung der Familie – Vater, Mutter, Kinder, Großeltern – sehr wichtig. Aber die ist oft so selbstverständlich, dass sie in der Öffentlichkeit gar nicht richtig wahrgenommen wird. Der Hochleistungssport ist deshalb der Beleg dafür, wie leistungsfähig der Sport im Land ist. Zumal man permanent Vorbilder braucht, die jungen Sportlern zeigen, was durch eigene Anstrengungen möglich ist.
In diesem Jahr waren in Peking mit 37 Aktiven so viele brandenburgische Sportler wie noch nie bei Olympischen Spielen am Start. Sind Sie mit deren Ausbeute – einmal Gold, dreimal Silber, sechsmal Bronze – zufrieden?
Ja, weil sie damit die absolute Weltspitze mitbestimmt haben. Und die dafür nötigen Leistungen sind das Ergebnis eines Lebensstils über einen langen Zeitraum und jahrelanger intensiver Anstrengungen.
Obwohl in Peking nicht alle Wünsche in Erfüllung gingen.
Nein, das ist im Sport aber eigentlich immer so. Man hat in keiner Sportart nur eitel Sonnenschein.
Welche Sportarten im Land müssten vor allem wieder zulegen?
Ich denke da an die drei olympischen Kernsportarten Leichtathletik, Schwimmen und Gerätturnen. Vor allem die Leichtathleten und Schwimmer unseres Landes haben enorm zuzulegen.
Kann die jetzt beschlossene Fusion der beiden Olympiastützpunkte des Landes dabei helfen?
Diese Verschmelzung ist ein weiterer Schritt der Effektivierung und notwendig, um sich im immer stärker werdenden Wettbewerb zu behaupten. Die Bündelung der Kräfte – sowohl der Man- Power als auch der materiellen Ressourcen – wird unsere Standorte stärken.
Werden sich Brandenburgs Sportasse im kommenden Olympiazyklus auf die gleiche intensive Betreuung wie in den vergangenen vier Jahren verlassen können, oder muss hier gespart werden?
Die Athletinnen und Athleten stehen weiterhin im Mittelpunkt der Arbeit und für sie werden sich die Rahmenbedingungen auf jeden Fall weiter verbessern. Wir berücksichtigen weiter unsere brandenburgischen Verhältnisse – wir können uns ökonomisch nicht mit Bayern oder Baden-Württemberg messen, sondern müssen effizienter arbeiten. Finanzielle Kürzungen in diesem Bereich sind im Moment weder vorgesehen noch absehbar.
Die olympischen Sportarten, in denen Brandenburger bisher international vorn mitmischten, werden also weiter optimal gefördert?
Das ist so geplant. Es gibt schon länger Überlegungen, die Kräfte dafür noch stärker zu konzentrieren und die Spitze in den traditionsreichsten Sportarten noch mehr zusammenrücken zu lassen. Mit der Zusammenführung der Boxer in Frankfurt/Oder und der Radsportler in Cottbus – vorher waren beide Sportarten an beiden Standorten – wurde auch dort weiter gestrafft. Es gilt, die Besten einer Sportart möglichst dort unter einem Dach optimal zu betreuen, wo sie die besten Trainer haben, die besten Sportstätten und das beste Umfeld.
Ist denn die Sportstätten-Situation im Land zufriedenstellend?
Wir haben an den drei Standorten des Olympiastützpunktes Brandenburg – also Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder – deutschlandweit mit die besten Rahmenbedingungen. Wir konnten außerdem in den vergangenen Jahren im Land sehr erfolgreich den Goldenen Plan Ost umsetzen, durch den eine ganze Reihe Sportstätten neu gebaut beziehungsweise umgebaut wurden. Und wir haben durch die Initiative des Landwirtschaftsministeriums des Landes einen Goldenen Plan Brandenburg erhalten, durch den vor allem im ländlichen Raum bauliche Verbesserungen nachgeholt werden konnten. Natürlich wird man nie absolut zufrieden sein und es wird immer wieder neue Erfordernisse geben, Sportstätten zu modernisieren. Aber insgesamt gesehen sind wir zufrieden.
Werden Goldener Plan Ost und Goldener Plan Brandenburg in Zeiten finanzieller Engpässe fortgesetzt?
Ich glaube, dass die meisten Städte und Gemeinden eine umsichtige Finanzpolitik betreiben. Sie sind bei solchen baulichen Vorhaben als Co-Finanzierer gefragt, und ich gehe davon aus, dass man klug genug ist, diese Mittel auch künftig bereitzustellen. Der Nutzen solcher Investitionen für den Sport ist sehr hoch.
Gibt es schon entsprechende Signale aus dem Bundesinnenministerium und aus Brandenburgs Landwirtschaftsministerium?
Der Goldene Plan Ost geht in sein vorerst letztes Jahr, bislang gibt es noch keine Zeichen der Weiterführung aus Berlin. Der Goldene Plan Brandenburg steht erst am Anfang und ist in seiner jetzigen Form bis zum Jahr 2013 bestätigt.
Worin sehen Sie 2009 die größte Herausforderung für den Landessportbund?
In der Aus- und Weiterbildung unseres ehren- und hauptamtlichen Personals. Es ist schon viel erreicht worden, aber um höhere Ziele zu erreichen, gehört die weitere Qualifizierung dazu. Außerdem steht der Landessportbund vor einem Generationswechsel – wir haben eine ganze Reihe ältere Sportfreunde –, und wir sind darauf bisher nicht so vorbereitet, um ruhig sagen zu können: das läuft. Wir werden aber mit der Europäischen Sportakademie des LSB in der Lage sein, mit jungen interessierten Leute einen Weg zu gehen, der die Perspektive des Landessportbundes absichert.
Das Interview führte Michael Meyer.
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