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Justus Woydt, neuer Geschäftsführer am Hasso-Plattner-Institut, will einen internationaleren Campus
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Justus Woydt, neuer Geschäftsführer am Hasso-Plattner-Institut, will einen internationaleren Campus Von Marion Hartig Dr. Justus Woydt kann nichts mehr schocken. Der neue Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts ist beruflich einiges gewöhnt. 1999, zwei Wochen nachdem er seinen Job als Polizeipräsident von Hamburg antrat, wurde der Kurdenführer Özalan entführt, Tumulte und Demonstrationen in der Stadt, eine besetzte SPD-Landeszentrale, Schneesturm. Damals hat er alles in den Griff bekommen, was soll ihn da am idyllischen Hasso-Plattner-Institut am Griebnitzsee noch überraschen? Woydt sitzt in seinem hellen Büro im HPI mit Blick auf Wasserbecken und gepflegte Rasenfläche. Kaffee und Zuckerdose stehen auf dem langen Holztisch, auf dem Schreibtisch steht ein Flachbildschirm, die Regale sind noch leer. Wie wird ein Polizeipräsident zum Geschäftsführer einer Hochschule für Softwaresysteme? Und wenn man Woydt nur fünf Minuten zuhört, fragt man sich weiter: Wie kam dieser wache, Mitte 60-Jährige mit dem weißen Haar, dem verschmitzten Blick und dem offensichtlichen Talent, seine Zuhörer zu unterhalten, überhaupt zur Polizei? Der Reihe nach, sagt Woydt ganz fachmännisch. Das was er in seinem Arbeitsleben gelernt hat, ist zu strukturieren, zu planen, umzusetzen. Er fängt fast ganz am Anfang an, 1979, als er zum Mitbegründer der Technische Universität Hamburg wird, mehr als zwanzig Jahre war er deren Kanzler. Dann haben sie in der Hansestadt einen Mann mit seinen Qualitäten gesucht, der von Außen die Polizei reformiert. Ein harter Brocken, hat er gewusst; er nahm sich vor, Hierarchien aufzubrechen. Doch dann kam Schill und versetzte ihn in den Ruhestand. Ruhe ist aber nichts für ihn. Er ist einer von denen, die immer in Bewegung sein müssen. Wohl auch deshalb hat er vor einigen Jahren mit dem Laufen angefangen. Jeden zweiten Tag macht sich auf den Weg. Schnee und Regen sind ihm gleich. Seinen ersten Marathon ist er in Dublin gelaufen. Mittlerweile sind es neun. Er hat Kontakte zu Brandenburger Universitäten, zu Peter Stein von der Viadrina in Frankfurt Oder, zu Alfred Klein in Potsdam, damals als es nach der Wende um den Aufbau der Hochschulen ging, hat man zusammengearbeitet. So wurde er auf die freie Stelle am HPI aufmerksam. Interessant für ihn, weil es an dem Institut um Technik geht, ein ihm vertrautes Gebiet. Und wieder einmal sind Personalführung und Finanzwesen gefragt. Das Haus ist großzügig ausgestattet, erzählt der neue Geschäftsführer, finanziell gibt es am HPI keine Probleme. Fast meint man in seiner Stimme einen Funken Enttäuschung herauszuhören. Wo bleibt die Herausforderung? Aber Woydt hat sich Aufgaben gesucht. Ein schärferes Profil, will er dem HPI verpassen, die Ingenieurkultur des Instituts für Softwaresystemtechnik noch bekannter machen. Woydt hämmert mit der Zuckerwürfelzange auf die Zuckerdose ein, demonstriert so den pragmatischen Ansatz des Hauses. Nicht für den theoretischen Austausch, sondern für praktische Lösungen sollen die Studenten ausgebildet werden, nicht nur Technik sollen sie im Kopf haben, sondern ihr Wissen auch kommunizieren können. Internationaler soll der Campus werden. Er denkt an die EU-Osterweiterung, an mögliche Hochschulzusammenarbeiten, Stipendien hier und dort. Und er kann sich gut vorstellen, den Masterstudiengang für Softwaretechniker deutschlandweit noch attraktiver zu machen, mehr Studienplätze anzubieten. Seit Januar arbeitet er sich in sein neues Thema ein. Wenig Zeit bleibt ihm seitdem zum Joggen. Den Hamburg-Marathon Mitte April wird er in diesem Jahr wohl sausen lassen. Auch an das Pendlersein muss er sich erst noch gewöhnen. Die vielen Stunden in Zug oder Auto. Wenn er in Hamburg ist, fällt ihm ein, was er in Potsdam zu erledigen hat, wenn er in Potsdam ist, denkt er an Hamburg. Seine Frau ist in Hamburg geblieben. Tochter und Sohn sind erwachsen, wohnen in Berlin und Brüssel. Jetzt sucht der Marathonmann eine Wohnung, hat sich ein schönes Apartment am Griebnitzsee angesehen, mit Blick auf das Wasser, vom Bett aus. Wahrscheinlich zu schön, um morgens aufzustehen. Aber Woydt schmeißt sein Geld nicht zum Fenster heraus. Zu teuer, findet er, und sucht weiter. In der Nähe des Campus. Er sieht aus dem Fenster. Unglaublich, wenn man sich vorstellt, das hier die Mauer verlief, sagt er. Ein Wunder, dass das Blocksystem zusammengebrochen ist. Jedes Mal, wenn er daran denkt, bekommt er ein erhebendes Gefühl, denkt, dass doch ziemlich viel möglich ist auf dieser Welt.
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