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Landeshauptstadt: Der Millionenstau

Den beiden größten Potsdamer Krankenhäusern fehlt Geld für dringend benötigte Investitionen

Von Katharina Wiechers

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Erst vor wenigen Tagen wurde es eingeweiht, das neue Diagnosegerät für die Nuklearmediziner am Klinikum „Ernst von Bergmann“. Fast eine halbe Million Euro musste das Krankenhaus für das neue SPECT/CT-Gerät, auf das die Mediziner seit Jahren warteten, hinblättern – keine ungewöhnlicher Preis für hochkomplexe Apparate wie diese. Dabei ist es um die Finanzen des Krankenhauses alles andere als gut bestellt: Jedes Jahr fehlen rund vier Millionen Euro an Investitionsmitteln, wie die Klinik den PNN auf Anfrage sagte. Ähnlich sieht es bei der zweitgrößten Klinik der Stadt, dem St. Josefs Krankenhaus, aus. Auch dort fehlen jährlich rund drei Millionen Euro Investitionsmittel – vor allem wegen des anstehenden Neubaus.

Schuld an den klammen Kassen der Krankenhäuser ist aus Sicht der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg (LKB) das Land. Dieses ist für die Finanzierung der Investitionen – also etwa Baumaßnahmen und neue Medizintechnik – zuständig, während laufende Kosten von den Krankenkassen getragen werden. In ganz Brandenburg brauchen die Kliniken ab kommendem Jahr 180 Millionen für Investitionen. Im Landeshaushalt sind aber nur knapp 105 Millionen Euro eingeplant – macht eine Finanzlücke von 75 Millionen Euro jährlich, wie LKB-Geschäftsführer Jens-Uwe Schreck vorrechnet.

In ganz Deutschland sind es sogar 3,3 Milliarden Euro, die für Investitionen fehlen, heißt es von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Nach einer Studie des Verbandes schreiben bundesweit mehr als die Hälfte aller Krankenhäuser rote Zahlen. „Brandenburg bildet da keine Ausnahme“, sagt LKB-Chef Schreck. Durch den Abbau von Personal und Betten hätten die Kliniken versucht gegenzusteuern. „Mehr Einsparpotenzial sehe ich nicht“, so Schreck.

Das Potsdamer Bergmann-Klinikum versucht hingegen, sich mit einem immer größeren Krankenhausverbund über Wasser zu halten. Im vergangenen Jahr übernahm die Klinik das Kreiskrankenhaus in Bad Belzig, nun soll die mehrheitliche Übernahme des Krankenhauses Forst erfolgen – in den kommenden Tagen werden die Verträge unterschrieben.

Doch schon vor der Einkaufstour stand das kommunale Potsdamer Krankenhaus besser da als die meisten in Brandenburg. So erwirtschaftete das Unternehmen 2012 – aktuellere Daten liegen nicht vor – ein Plus von 4,3 Millionen Euro. Hinzu kamen noch vier Millionen Euro jährlich vom Land – insgesamt standen also gut acht Millionen Euro zur Verfügung. Nötig wären jedes Jahr aber zwölf Millionen, sagt Hunsmann – rund vier Millionen beträgt also die Deckungslücke. Geld, was die Klinik angesichts ihrer ambitionierten Ziele gut gebrauchen könnte. So will das Krankenhaus zum Beispiel am Hauptstandort in der Charlottenstraße einen modernen Neubau errichten und dort die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik unterbringen – bislang ist diese In der Aue in Babelsberg angesiedelt. Bis 2017 soll der Bau abgeschlossen sein. „Wir kennen die Rahmenbedingungen und Investitionspauschalen, die wir vom Land Brandenburg bekommen, und planen damit. Weitere zwingend notwendige Investitionen müssen aus den Erträgen finanziert werden“, sagt der Medizinische Geschäftsführer des Bergmann-Klinikums, Hubertus Wenisch. Eine Aufstockung der Fördermittel wünscht auch er sich. Denn dann „könnte der auch bei uns erkennbare Investitionsstau schneller abgebaut werden.“

Sogar von einem „riesigen Investitionsstau“ spricht Hartmut Hagmann, Geschäftsführer des St. Josefs Krankenhauses. Gut eine Million Euro bekommt das katholische Haus jährlich vom Land als Investitionspauschale – nötig wären laut Hagmann aber rund vier Millionen. Das liegt vor allem an dem geplanten neuen Bettenhaus, für das in diesem Jahr der Baubeginn geplant ist. 23 Millionen soll allein dieses kosten, hinzu kommen weitere nötige Baumaßnahmen – wie etwa die Sanierung des Altbaus am Park Sanssouci. „Um für die Baukosten Kredite aufzunehmen, bräuchten wir mehr Unterstützung“, sagt Hagmann.

Dass die Debatte um fehlende Investitionsmittel gerade jetzt hochkocht, ist kein Zufall. Auf Bundesebene steht eine Krankenhausreform an, die ab dem 26. Mai in einer Kommission ausgehandelt werden soll. Laut Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sollen die Mittel der Krankenkassen für den laufenden Betrieb der Kliniken steigen. Ob sich aber – wie von den Kliniken gefordert – auch der Bund künftig an den Investitionspauschalen beteiligt, sagte Gröhe noch nicht. Bislang waren Reformbemühungen stets daran gescheitert, dass die Länder sich nicht in die Klinikplanung hineinreden lassen wollten. (mit dpa)

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