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Landeshauptstadt: Der „Mundharmonika-Mann“
Mit seinem Spiel rührte er zu Tränen: Der Kartzower Michael Hirte steht im „Supertalent“-Finale
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Kartzow/Köln - Seine Fans nennen ihn schlicht den „Mundharmonika-Mann“, manche auch den deutschen Paul Potts: Mit seinem gefühlvollen „Ave Maria“ hat Michael Hirte die Fernsehzuschauer erst überrascht, dann fast zu Tränen gerührt. An diesem Samstag steht der 44-jährige Brandenburger im Finale der RTL-Castingshow „Das Supertalent“.
„Ich wollte was mit der Mundharmonika vorspielen“, hatte Hirte bei seinem ersten Auftritt schüchtern ins Mikrofon gesagt – und dabei geklungen, als habe ihn der Mut längst verlassen. Als er dann mit geschlossenen Augen zu spielen begann, konnte Juror Dieter Bohlen seine Überraschung nicht verbergen. Über Nacht ist der Straßenmusiker mit Basecap und verwaschener Jeans zum Jury- und Publikumsliebling geworden. Doch der bescheidene Brandenburger glaubt nicht an den Erfolg. „Das Supertalent werden, das kann ich nicht“, sagt er. Die anderen Kandidaten, „die sind doch alle super“. Das Finale der Fernseh-Show ist für Hirte „das erste Mal im Leben, dass es einen Fünfer im Lotto gibt“. Nach einem Verkehrsunfall ist der ehemalige LKW-Fahrer auf dem rechten Auge blind. Das rechte Bein war viermal gebrochen, noch immer humpelt er. Der Mundharmonika-Mann ist schwerbehindert. Vor gut vier Jahren sei er dann „ins Hartz IV gerutscht“, erzählt Hirte. Da habe er seine Mundharmonika genommen und sich in die Fußgängerzone gesetzt. „Das war eine Riesen-Überwindung“, sagt der 44-Jährige. „Augen zu und durch“, habe er sich gedacht – und gesehen, dass er sich kein Geld mehr borgen musste.
Das „Ave Maria“ war auf der Straße ein Hit. „Das ist was außergewöhnliches mit der Mundharmonika“, weiß Hirte. Der Straßenmusiker, der sich das Mundharmonika-Spielen mit acht Jahren selbst beibrachte, warf beim ersten Fernsehauftritt sein bestes Stück in die Waagschale. Er wollte zeigen, was die Mundharmonika alles kann. Das Instrument „ist meine Stimme“.
Musikalisch läuft es bestens für den Mann, den viele schon mit dem Überraschungsgewinner der britischen Show „Britains Got Talent“ und neuen Opernstar, Paul Potts, vergleichen. Privat allerdings stehe er vor einem „Scherbenhaufen“, sagt Hirte. Seine Frau hat ihn verlassen und dann öffentlich einen prügelnden Trinker genannt. Diese Vorwürfe weist er zurück. Er ist enttäuscht, will aber „keine schmutzige Wäsche waschen“ und geht einer Auseinandersetzung aus dem Weg. Lieber zieht er um, von Kartzow zurück in seine Heimat, nach Lübbenau im Spreewald.
Private Probleme verdrängt der Brandenburger jetzt erst einmal und konzentriert sich ganz auf das Finale am Samstag. Mit welchem Lied er antreten wird, hat Dieter Bohlen beinahe schon vorgegeben. „Wenn du kurz vor Weihnachten “Stille Nacht“ spielst, kommen mir die Tränen“, hatte der Juror gesagt.
Doch selbst wenn der Traum vom „Supertalent“ und den 100 000 Euro an diesem Samstag platzt, hat sich Hirtes Leben verändert. „Wenn ich jetzt auf der Straße spiele, ist immer so viel los“, meint der 44-Jährige unsicher. Irgendwie sehne er sich zurück „zu der Zeit, wo mich keiner kannte“. Mit der Anonymität ist es vorerst vorbei: Hirte hat ein Angebot für einen Plattenvertrag. „Aber ich muss erstmal abwarten, was jetzt passiert“, erklärt der schüchterne Mundharmonika-Mann. Er kenne sich doch nicht aus mit dem berühmt sein. Theresa Münch
Theresa Münch
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