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Gesperrt für den Autoverkehr: Nach der Villa Gutmann ist Schluss in der Bertini-Straße. Anwohner fürchten, dass diese Sperre weit in Richtung Fritz von der Lancken-Straße versetzt werden könnte  und damit mehr Verkehr auf der Uferpromenade entsteht.

© A. Klaer

Von Henri Kramer: Der nächste Uferstreit

Streit unter Reichen und Schönen: Rund um die Bertinistraße ist der Ärger groß. Anwohner fürchten um die Idylle der Promenade.

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Nauener Vorstadt - An Potsdams Uferwegen gibt es einen Streit mehr. Es geht um die Bertini-Straße, eine der exklusiven Potsdamer Adressen, die sich von der Meierei aus den Jungfernsee entlang schlängelt. Gerade im Sommer schlendern auf der Promenade viele Touristen und Einheimische entlang, an Architekturdenkmälern wie der Villa Gutmann vorüber. Momentan fährt hier kaum ein Auto. Das könnte sich ändern, fürchten Anwohner wie die prominente Schauspielerin Nadja Uhl, ihr Mann Kay Bockhold oder Mitglieder der Bürgerinitiative Nauener Vorstadt. Sie haben Angst vor Lastkraftwagen und Bussen, die durch die schmale Straße dröhnen – obwohl der beschlossene Bebauungsplan für das Areal eigentlich eine verkehrsberuhigte Zone vorsieht. „Kommt das so, ermöglichen Sie die Entwertung sämtlicher Grundstücke in der Nauener Vorstadt“, warnte Nadja Uhl jüngst Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in einer Fernsehsendung.

Der Beginn des Ärgers liegt offenbar im März diesen Jahres. Damals ließ die Verwaltung das Ende der Bertinistraße auf Höhe der bekannten Villa Gutmann sperren. Grund: Tonnenschwere Baufahrzeuge hatten wegen ihres Gewichts den historischen Eiskeller und dessen Tunnel unter der Villa fast zum Einsturz gebracht. Poller sperren jetzt den Weg. Das soll aber nach Willen der Verwaltung nicht so bleiben, eine noch unbestimmte Art von Brücke über den Eiskeller ist geplant – obwohl der seit 2007 gültige Bebauungsplan Nr. 60 knapp neben dieser Stelle bereits eine Sperrung des Verkehrs vorsieht. „Dennoch muss die bauliche Sperre für Rettungsfahrzeuge und die Müllabfuhr durchlässig gemacht sein“, sagt Stadtsprecherin Rita Haack. Zudem müsse der Eiskeller vor weiteren Schäden bewahrt werden.

Die Anwohner um Nadja Uhl aber misstrauen der Verwaltung, sehen die als Lennésche Uferpromenade gewidmete Fußgänger- und Radfahrerzone als gefährdet an. Und nicht nur hier ist die Sorge groß: Inzwischen haben sich selbst die Erben des jüdischen Diplomaten und Kunstsammlers Herbert M. Gutmann an die Verwaltung gewandt, weil sie Sorge um das denkmalgeschützte Ensemble haben. In einem Brief, der den PNN vorliegt, warnen sie die Verwaltung davor, dass die Familie Gutmann „gravierenden Änderungen“ wie dem geplanten Brückenbau über den Eiskeller „nicht tatenlos“ zusehen wird. „Für wen wird dieses Bauwerk errichtet?“, fragen sie.

Mit dieser Frage kommt der Architekt Stefan Ludes ins Spiel. Ihm gehört die Villa Jacobs am oberen Ende der Bertini-Straße. Ihm und einigen anderen Anliegern wird hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen, Druck auf die Stadtverwaltung auszuüben – unter anderem für eine bequemere Zufahrt über die Bertini-Straße und nicht wie jetzt über den Bertini-Weg und die Straße Am Pfingstberg. Öffentlich gibt sich Ludes aber kompromissbereit. „Es gibt sicher eine Lösung“, sagt er Potsdam TV – und versicherte, dass auch er kein Interesse an Durchgangsverkehr in der Bertini-Straße habe. Allerdings gäbe es „vielleicht“ unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der bestehende Bebauungsplan zu interpretieren sei – und mit „welchen Mitteln und an welcher Stelle“ eine Lösung gegen den Verkehr gefunden werde könne.

Recht unbestimmte Antworten gibt bisher die Potsdamer Verwaltung. Auf schriftliche Anfrage der PNN heißt es: „Der Bebauungsplan steht nicht zur Disposition.“ Gleichwohl müssten wegen der Verlegung von Wasserleitungen in Bertini-Straße und -Weg auf beiden Strecken die Fahrbahnen erneuert werden. Das Vorhaben solle demnach noch im Herbst mit Anwohnern beraten werden, heißt es weiter: „Diese Pläne müssen aber erst fertig gestellt werden.“

Unklar ist zudem, warum die Stadt zwischen Bertini-Weg und der im Bau befindlichen Fritz von der Lancken-Straße derzeit zwei Wendekreise einrichtet – die gleichzeitig als zeitweise Verbindung in Richtung Villa Gutmann dienen sollen. Die Frage, ob an dieser neuen Doppel-Wendestelle künftig auch die jetzt noch direkt an der Gutmann-Villa befindliche Autosperre stehen soll, beantwortete jetzt Stadtplanungschef Andreas Goetzmann in Potsdam TV: Die Wendepunkte seinen nur Provisorien, die so nicht im Bebauungsplan vorgesehen seien. Gleichwohl wolle er nicht spekulieren darüber, welches Ergebnis die Beteiligung der Betroffenen im Herbst bringe – wo also genau die strittige Sperre hinkommen soll.

Bis dahin dürfte der Streit um den Bebauungsplan Nr. 60 weiter für Schlagzeilen sorgen. Denn wegen seiner Aussagen im Fernsehen prüfen jetzt einzelne Anwohner sogar rechtliche Schritte gegen Goetzmann. Geld für Anwälte dürfte in der Nauener Vorstadt vorhanden sein.

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