Landeshauptstadt: Der perfekte Lebenspartner ist meist kein Einling
Zwillingstreffen im Filmpark Babelsberg offenbarte Freud und Leid von Doppelpack-Geschwistern
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Babelsberg - Ein wenig abfällig klingt es ja schon: Einlinge! So nennen Rolf und Joachim Scheu jene übergroße Zahl von Menschen, die einzeln auf die Welt gekommen sind. „Und die gar nicht ermessen können, was für eine innige Bindung Zwillinge eigentlich haben“, meint Rolf Scheu zu wissen.
Alles scheint doppelt an diesem späten Samstagvormittag am Filmpark Babelsberg. Einzig der Kulissen-Löwe aus Chackie Chans „In 80 Tagen um die Welt“ thront einsam über dem Doppelmoppel-Haufen. Gut 50 Zwillingspärchen sind zum Treffen gekommen, dem fünften dieser Art. Die zwei Alterspräsidentinnen haben das 85. Lebensjahr erreicht: Inge und Margot Konnitzki aus Berlin-Mariendorf. Die jüngsten sind gerade acht Monate alt: Finn und Fay aus Potsdam, die mit großen Augen den Trubel um sie herum bestaunen. „Eigentlich sind sie erst ein halbes Jahr, zwei Monate zu früh sind die beiden gekommen“, erklärt Nadine Schulze. Immerhin: dadurch sind sie Sonntagskinder geworden: Am 31.12.2006 kamen sie zur Welt, während strahlenden Sonnenscheins, freut sich die Zwillingsmutter. In ihrer Familie gehören Zwillinge zur Tradition, auch wenn nicht die Mutter, sondern ihr Onkel sie erst über Zwillingsgeburten im Stammbaum aufklärte.„Zwar sind beide sehr ruhig und schlafen viel, aber der Doppelpack reicht mir erstmal“, lacht sie. Erste Eigenheiten bei den Zwillingen merke man schon, gibt die Mutter zu. Finn sei aktiver und lebhafter als sein Schwesterchen Fay. Auch gleiche Kleidung ginge mittlerweile nicht mehr ohne Probleme. „Finn ist größer als seine Zwillingsschwester.“
Gleiche Kleidung ist bei den Pärchen scheinbar ungeschriebenes Gesetz. Wobei viele wie Alexander und Dieter Schwarz aus München handeln: „Nur zu diesen Zwillingstreffen ziehen wir gleiche Klamotten an.“ Jahrelang hatten sie zuvor vielmehr versucht, sich besonders voneinander abzugrenzen. „Sobald wir uns vom Kleidungsdiktat unserer Eltern befreit hatten, suchten wir nach einem besonders eigenständigen Stil“, erinnert sich Dieter Schwarz. „Es nervt besonders in der Schule, wenn du ständig mit deinem Bruder verglichen wirst. Das kann er besser, da war er artiger“ Die klassischen Zwillingsstreiche – wie aus Erich Kästners Roman „Das Doppelte Lottchen“ spielten sie anderen nur unbeabsichtigt. „Ich hatte zu Schulzeiten eine Freundin, die wusste nichts von meinem Zwillingsbruder“, grinst Dieter Schwarz. Eines Tages kam die zu den beiden nach Hause, sah Zwillingsbruder Alexander, stürmte auf ihn zu und umarmte ihn innigst. „Nachdem sie erfahren hatte, dass wir Zwillinge sind, hat sie sich vor Scham von mir getrennt“, erzählt Dieter die Geschichte zu Ende.
Gerade Beziehungen mit einem Zwilling seien nicht so einfach, wissen Rolf und Joachim Scheu. „Es gibt viele, die leben ihr Leben lang als Geschwisterpaar zusammen, jedoch ohne einen Lebenspartner.“ Schwer fiele es meist beiden Seiten: Dem Zwilling, weil er Entscheidungen und Erlebnisse meist erst mit seinem Bruder oder seiner Schwester diskutiere und dann dem Partner lediglich in Kenntnis setze. Andererseits könnten viele Partner von Zwillingen nicht die enge Beziehung zwischen den Geschwistern akzeptieren, weiß Scheu. „Schließlich“, so glaubt Scheu, „haben wir Zwillinge den perfekten Lebenspartner bereits seit der Geburt an unserer Seite.“ Kay Grimmer
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