Landeshauptstadt: Der Pinguin wartet
Antje Bodenhausen will im März eine private Baby-Schwimmschule eröffnen / Gestern Richtfest
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Die Besucher stehen mitten im Schwimmbad auf dem Trockenen. 40 Quadratmeter wird das Becken groß, gut einen Meter tief. Noch ist kein Wasser drin und die späteren Gäste sind teilweise noch nicht einmal auf dieser Welt. Sie sollen dann den lichtdurchfluteten Raum im Erdgeschoss eines Hauses im Bornstedter Feld beleben und schwimmen lernen. Nichts deutet von außen auf das Besondere im Inneren hin. Das kalkige Haus sieht gestern, am Abend des Richtfestes, aus wie eines von vielen der Neubauten, die seit Jahren im Entwicklungsgebiet Bornstedter Feld gebaut werden. Seit Wochen jagt ein Richtfest das andere – denn der Stadtteil wächst. Doch das Haus mit seinen 180 Quadratmetern Grundfläche ist ein besonderes: darin soll ab dem 1. März Potsdams erste Baby-Schwimmschule eröffnen.
Die Idee der Baby-Schwimmschule Pinguin entstand aus Enttäuschung darüber, dass Babyschwimmen in Potsdam mehr als in den Kinderschuhen steckt – sogar ein Mangel ist. Zu der Schlussfolgerung kam zumindest Antje Bodenhausen, nachdem die gebürtige Potsdamerin zurück in ihre Heimatstadt kam und mit Töchterchen Anna Schwimmkurse belegen wollte. Damals gab es nur die Kurse in der Stern-Schwimmhalle, inzwischen auch im früheren Werner-Alfred-Bad. Zu wenig, fand Antje Bodenhausen. Danach schritt sie zur Tat. Sie ging nach der Babypause nicht zurück in ihren alten Beruf, ließ sich weiterbilden, stellte einen Businessplan auf und beantragte Kredite für den Neubau. Dabei geht es ihr auch um die Sicherheit der Kinder. Jedes dritte Kind in Deutschland kann nicht schwimmen, lauteten die alarmierenden Schlagzeilen in diesem Sommer. Bislang ertranken im Jahr 2003 die meisten Menschen. 644 Tote, darunter viele Kinder, war die traurige Rekordmarke. Ein Grund dafür auch: Es gibt nicht genug Bäder, in denen kleine Kinder schwimmen lernen können. Selbst die Volkshochschule Potsdam, die mehrere Baby-Schwimmkurse in der Stern- Schwimmhalle anbietet, hat in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass die Kurse schnell ausgebucht sind und die Nachfrage höher ist als die Kapazität. Zwar steht Schwimmen im Stundenplan der Grundschüler im Land Brandenburg – doch erst in Klasse 4. Zu spät für viele Eltern wie Antje Bodenhausen und ihren Mann.
Zehn Jahre hat die heute 32-Jährige in Nordrhein-Westfalen gelebt, lernte Versicherungsfachwirtin, bekam Tochter Anna und besuchte eine der Schwimmschulen in Wuppertal. In Potsdam angekommen, fand sie solche Möglichkeiten nicht. Dabei sei es „die frühest mögliche spielerisch-sportliche Betätigung für Kinder, gut für Entwicklung der Grob- und Feinmotorik“, sagte Antje Bodenhausen. Das Wasserdruck wirke sich auch positiv auf die Muskulatur der Kinder aus. Daher soll in der Erich-Mendelsohn-Allee 87 nun eine Begegnungsstätte für Babys, Klein- und Vorschulkinder sowie deren Eltern entstehen.
Die Bauherrin und künftige Geschäftsführerin ist inzwischen ausgebildete Aqua-Therapeutin. Es sei keine anerkannte Berufsausbildung, jedoch wurde die Ausbildung vom Bundesverband für Aqua-Pädagogik durchgeführt. Auf dessen Homepage finden sich aktuell 60 private Schwimmschulen in ganz Deutschland aufgelistet – drei davon sind in Berlin, keine in Brandenburg. So habe der Verband auch positiv auf das Vorhaben von Antje Bodenhausen reagiert, in Potsdam eine solche Schule eröffnen zu wollen.
Finanziell unterstützt wird sie dabei lediglich mit zinsgünstigen Krediten der Investitionsbank des Landes (ILB) sowie der Bürgschaftsbank des Landes. Dass sich die Investition dennoch rechnet, davon geht Antje Bodenhausen aus. Das Umfeld sei familienfreundlich und der Stadtteil wachse stetig. Und bald steht auch das Erdgeschoss unter Wasser – und zwar absichtlich. Jan Brunzlow
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