Landeshauptstadt: Der Platz der zerstörten Hoffnung
Von den wenigen ukrainischen Fans auf dem Luisenplatz waren fast alle enttäuscht
Stand:
Frustrierte Gesichter gestern Nachmittag auf dem Luisenplatz. Die einzigen, die die Niederlage des ukrainischen Fußballteams nicht zu stören schien, waren die Kinder, die bei über 30 Grad Celsius im Springbrunnen planschten. Und die drei Fans in roten Trikots, die sich ab 15 Uhr gleich nebenan vor dem riesigen Bildschirm am Brandenburger Tor mit der spanischen Mannschaft freuten: Vier zu Null spielten die Iberer in Leipzig und sorgten so dafür, dass die blau-gelben Fahnen und Fähnchen der ukrainischen Fans nur äußerst selten zum Einsatz kamen.
Dabei hatte alles ganz gut begonnen. Zwar haben nach Angaben des Organisators Alex Gevel nur rund 350 Zuschauer die Spiele an den Bildschirmen in den Zelten verfolgt, obwohl das Fanzentrum Platz für über 600 Menschen bietet. Doch gerade die Ukrainer – Potsdamer und Touristen – waren voller Hoffnung. Auch der gebürtige Ukrainer Kosta Nestrov, der mit Freunden extra aus Israel nach Potsdam gekommen war. Die Studenten aus Haiffa haben Tickets für das nächste Spiel ihrer Nationalelf am 19. Juni ergattert. Das gestrige WM-Auftaktspiel der Ukraine wollten sie nun bei den Gastgebern ihrer Mannschaft sehen. Beide rechneten mit einem Unentschieden. Vor dem Anpfiff sangen sie noch gemeinsam mit den Kellnern des ukrainischen Zeltrestaurants inbrünstig ihre Nationalhymne. Und gegenüber an der Großbildleinwand waren wenige Ukrainer sogar aufgestanden und hatten ergriffen ihre Hände aufs Herz gelegt. Dicht gedrängt saßen sie später in ihren blaugelben T-Shirts an den Tischen, die dem Bildschirm am nächsten waren. Nicht wegen des besseren Bildes, sondern weil der Schatten der Leinwand die Hitze erträglicher machte. Auf den meisten anderen Bänken in der Public Viewing Area blieben viele Plätze leer. Vielleicht auch, weil die Wachleute den Besuchern verboten, Wasserflaschen auf den abgesperrten Platz mitzunehmen – obwohl dort nur drei kleine Schirme Schutz vor der brennenden Sonne boten. Der Deutsch-Ukrainer Edik Frenkel aus Berlin jedenfalls hatte mehr Fans erwartet.
Als die ukrainische Elf ein Tor nach dem anderen kassierte, waren die meisten ihrer Fans am Boden zerstört. „Sie spielen sehr schlecht“, sagte Iryna Prodanyuk aus Potsdam. Sie hatte sich sogar die Fingernägel in den Nationalfarben lackiert. „Natürlich enttäuscht“ ist auch Fun-City-Organisator Gevel. Trotzdem sei er stolz, dass die Ukraine bei der Weltmeisterschaft überhaupt dabei ist. Oberbürgermeister Jann Jakobs, der sich das Spiel mit den Hauptausschuss-Mitgliedern im Fan-Zentrum angesehen hatte, hofft nun auf die nächsten Spiele gegen Tunesien und Saudi-Arabien. Schließlich seien die Spanier auch sehr starke Gegner gewesen. Und für die ukrainischen Fans hat Gevel einen Trost parat: Heute spielt ab 20 Uhr die in ihrer Heimat sehr beliebte Rockband „Okean Elzi“ auf dem Luisenplatz. Auch die ukrainische Nationalelf habe er dazu eingeladen. Ob die Spieler kommen, sei aber unklar.Juliane Wedemeyer
Juliane Wedemeyer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: