FH-Magazin: Der Premium-Fuchs
Die zweite Ausgabe des FH-Magazins „Fux“ hält den hohen Anspruch der Erstausgabe. Die 66 schön gestalteten Seiten sind zwar kostenlos, hart erarbeiten müssen sich die Leser das Heft trotzdem.
Stand:
Dieses Heft muss man sich erarbeiten. Im wahrsten Sinne des Wortes. Gerade ist die zweite Ausgabe des „Fux“, wie das neue Magazin für die Fachhochschule Potsdam heißt, erschienen. Damit die liebevoll und aufwendig gestaltete Zeitschrift nicht einfach in den FH-Fluren herumliegt, haben sich die Macher etwas einfallen lassen. Sie ist in einem hölzernen Zeitschriftenspender in den FH-Gebäuden erhältlich, man soll sich den Band aus dem Holzkasten herausziehen. Doch offensichtlich muss man das Prinzip genau verstehen. Oder die Vorrichtung hat einfach nicht funktioniert: Es war schlichtweg keine Ausgabe herauszubekommen. Zumindest nicht auf dem vorgesehen Weg. Wer seine Hand dennoch unten durch die Ritzen zwängte, konnte mit einigem Geschick – und kleinen Verletzungen - dann doch ein Exemplar ergattern.
Was sich durchaus gelohnt hat. Der „Fux“ ist ein gestalterisch sehr anspruchsvolles, ja geradezu ästhetisierendes Heft. Klar, die Gestaltung liegt in den Händen von Designstudenten der FH, ihre Handschrift ist unverkennbar. Zeitschrift ist eigentlich viel zu wenig gesagt. Der „Fux“ ist ganz traditionell auf Papier gedruckt, auf dickem Kartonpapier sogar. Das liegt gut in der Hand, hat eine bibliophile Haptik. Das matte Papier steht für etwas Besonders. In Zeiten allgegenwärtiger Verfügbarkeit von Digitalmedien erhält ein solches Magazin, zumal auf einem besonderen Papier, eine ganz neue Wertigkeit. Es wird eine Art Premium-Produkt, etwas, das man sich bewusst als papiernen Luxus leistet.
Und das steigern die „Fux“-Macher dann auch noch dadurch, dass die 66 Seiten auf Altpapier erscheinen, gedruckt mit mineralölfreien Farben aus ökologischer Herstellung. Dieser Hochwertigkeit ist es auch geschuldet, dass die Studierenden, die das Magazin herausgeben und gestalten die Ausgaben nicht einfach verteilen, sondern in einer ebenfalls von den FH-Designern entworfenen Vorrichtung darbieten. So nimmt der Adressat nicht einfach irgendein Heftchen mit, sondern der Leser entscheidet sich ganz gezielt für die Publikation.
Die hohe Wertschätzung, die die Studierenden ihrem Produkt entgegenbringen, spiegelt sich auch inhaltlich wider. Hier werden nicht irgendwelche Storys aus den Seminarräumen aufgewärmt, sondern ganz eigene Akzente gesetzt. Etwa mit dem herausnehmbaren doppelseitigen Potsdam-Plan. Im Zentrum der Illustration von Henrik Mies und Marcel Kläber steht die Lebensader der FH-Studenten, die Straßenbahnlinie 96. Links und rechts der Linie, die den Hauptbahnhof mit den beiden FH-Standorten am Alten Markt und der Pappelallee verbindet, haben sie Orte markiert, die FH-Studenten wichtig sind. Mit verspielten Illustrationen haben sie Kneipen und Cafés sowie auffällig viele Copy-Shops und Druckereien auf die Karten gesetzt, Orte, die Design-, aber auch Ingenieur- und Architekturstudenten gerne ansteuern. Hübsch auch die Matroschka als Wegmarke für die Kolonie Alexandrowka, amüsant und das Konterfei des bekannten TV-Moderators in der Berliner Vorstadt: „Günther Jauch wohnt hier auch.“ Humor haben sie, die FH-Studenten. Die Charakterisierung sind treffend: Authentisch-rauchige Atmosphäre heißt es etwa zum Club Archiv. Auch Geheimtipps gibt es: so eine Buchbinderei, „die für einen schmalen Taler ziemlich hochwertige Dinge herstellt“.
Das übergeordnete Thema der aktuellen Ausgabe lautet „Disziplin“. Damit spielen die studentischen Autoren, die aus so unterschiedlichen Disziplinen wie Bauingenieurwesen, Design oder Kulturarbeit kommen, mit Leichtigkeit und Frische. So spricht man mit der Potsdamer Olympiasiegerin Franziska Weber darüber, wie sie das FH-Studium im Bauingenieurwesen und das Kanutraining miteinander verbindet. Und mit dem „Großen Schweinehundetest“ kann man in zehn Fragen ausloten, wie sehr man seinen eigenen inneren Schweinehund unter Kontrolle hat. Das geht zum Beispiel so: „Du bist heute aufgestanden. Warum? a) Aufgestanden?! Ich war doch noch gar nicht im Bett...; b) Weil mein Wecker wie jeden morgen um 07.30 Uhr geklingelt hat; c) Ich musste mal; d) Ich konnte nicht mehr schlafen und musste darüber nachdenken, was heute alles zu tun ist.“ So viel sei hier verraten: Antwort b. bringt die meisten Punkte in Sachen Disziplin.
Aufschlussreich auch die anonymisierte Befragung zu mehr oder weniger ungewöhnlichen Studentenjobs. Etwa in der Gärtnerei, wo gleich am ersten Arbeitstag Terracotta-Töpfe im Wert von 2000 Euro zu Bruch gingen. Oder im Schnellrestaurant, wo ein Student herausfindet, dass er gleichzeitig Lächeln und „Idiot“ denken kann. Oder im Sex-Shop, in dem sich eine Studentin besonders darüber gefreut hat, dass sich eine junge Frau nach ihrem ersten Orgasmus bei ihr für die gute Beratung bedankt hat. Sie fühle sich in ihrem Job oft wie eine gynäkologische Apothekerin, erzählt sie. Und am liebsten blättere sie in den Porno-Heftchen.
Inszeniert wird der „Fux“ von Menschen, denen Gestaltung oberstes Ziel ist. Da findet sich dann sogar eine von einem Studenten selbst gestaltete Schrift. Dieses Niveau mit einer Auflage von 3000 Stück kosten- und werbefrei anbieten zu können, ist natürlich nur durch institutionelle Förderung möglich. 1,66 Euro kostet die Produktion eines einzelnen Heftes. Finanzielle Unterstützung erhält der „Fux“ durch die Fachhochschule Potsdam, den Allgemeinen Studierendenausschuss der FH und das Studentenwerk Potsdam.
Auf der letzten Seite, dem Umschlagcover, findet sich schließlich das Inhaltsverzeichnis. Das ist eine prima Idee, das funktioniert sofort. Das kann man sich nur als Hochschulmagazin leisten, auf dem freien Markt wäre diese Seite ein begehrter Werbeplatz. Wie hieß es doch so schön in der ersten Ausgabe: Füchse gibt es viele, ein „Fux“ jedoch ist etwas Besonderes.
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