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Gute Akustik. Das erste Konzert im überarbeiteten Kammermusiksaal.

© Andreas Klaer

Homepage: Der Raum als Instrument

Wiedereröffnung des Uni-Kammermusiksaals

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Nachhall, Präsenz, Raumeindruck, Klangfarbe – diese physikalisch messbaren Größen aufeinander abzustimmen ist eine Kunst. Sie gibt einem Konzertsaal seine Unverwechselbarkeit und macht ihn gleichsam zu einem Instrument. Keine Echos sind gewünscht, möglichst wenig Hall. Der von Studierenden und Dozenten vielbenutzte Kammermusiksaal des Instituts für Musik und Musikpädagogik der Potsdamer Universität in Golm wies bisher einen hohen Hall von ungefähr 2,2 Sekunden auf. Man sah den Raum, in dem sich rund 80 Personen versammeln können, als ein akustisches Provisorium an.

Das Akustik-Ingenieurbüro Dahms sowie das Architekturkontor Schagemann Schulte, beide aus Babelsberg, haben jetzt dem Saal eine Akustik gegeben, mit der er sich der Musik anpasst. Der Akustiker Dieter Brockmeyer berichtete, dass nun ein Nachhall von rund 1,3 Sekunden erreicht wurde. Dies wird durch zumeist reflektierende und absorbierende Multiplexplatten erreicht. Wie sie von den Architekten in den Raum eingepasst wurden, steigert zusätzlich das Vergnügen, Musik zu hören. „Ich glaube, man hat auch optisch das Gefühl, man befinde sich in einem Instrument“, sagt Dieter Brockmeyer. Der Kammermusiksaal in Golm muss verschiedenen akustischen Ansprüchen gerecht werden. Die Akustiker und Architekturdesigner fanden einen Kompromiss. Ein Klavier, die Singstimme oder eine E-Gitarre sind beispielsweise in ihrem Klang und ihrer akustischen Ausstrahlung ganz verschieden. Sie sollten in ihrer jeweiligen Artikulation gut vernehmbar sein.

Am Mittwochabend wurde vor der offiziellen Neueröffnung in der kommenden Woche schon mal ein „Probekonzert“ geboten. Der Raum war mit Zuhörern dicht gedrängt. Man wollte die neuen akustischen Gegebenheiten erkunden, Künstler erleben, die man von verschiedenen Begegnungen im Musik-Institut kennt, als Student während der Vorlesungen sowie vom Instrumental- und Gesangsunterricht, auch als Kollege und Kollegin. Keine leichte Aufgabe für die Dozenten, denn sie mussten unter Beweis stellen, dass sie pädagogische und künstlerische Qualitäten vereinen. Der Musikwissenschaftsprofessor Christian Thorau, der die kundige Moderation übernahm, war davon überzeugt, dass seine singenden und musizierenden Kolleginnen Ute Meyer, Sopran, Karen Reifenstein, Mezzosopran, sowie die Pianisten Natalja Nikolajewa, Iris Unger und Detlef Pauligk „tolle Künstler“ sind. Der begeisterte Beifall der Zuhörer bestätigte seine Ansicht.

Das Dozentenkonzert, von dem man hofft, dass es keine „Eintagsfliege“ bleibt, wurde den Geschwistern Felix Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel gewidmet – also Romantik pur. Aus dem reichen Kompositionsschatz der Geschwister Mendelssohn-Hensel wählten Ute Meyer und Karen Reifenstein, souverän und ausdrucksstark gesungen, auch eine Reihe von Duetten, in denen die große musikalische Qualität von Fanny Hensel zutage trat, der es nicht vergönnt war, wie Christian Thorau betonte, in der Öffentlichkeit Karriere zu machen. Sie war zur Hausfrau und Mutter bestimmt, die Musik hatte „nur Zierde“ zu sein. In den genannten Pianisten hatten die Sängerinnen sehr sensible und aufmerksame Begleiter. Auch mit Solobeiträgen konnten sie überzeugen. Besonders eindrucksvoll musizierte Iris Unger die Variations sérieuses d-Moll op 54 von Mendelssohn. Auch Detlef Pauligk erfreute mit dem Dezember-Stück aus dem Zyklus „Das Jahr“ von Fanny Hensel. Ihr feinfühliger Anschlag und die beredte Phrasierung hat die großartigen Werke romantischer Klaviermusik wunderbar zum Klingen gebracht. Klaus Büstrin

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