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Gibt sich selbstbewusst: Heinrich Liman, Geschäftsführer im Museum Fluxus+.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: „Der Schirrhof ist ein Hinterhof“

Morgen feiert das Museum „Fluxus+“ sein einjähriges Jubiläum in Potsdam – Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Heinrich Liman

Stand:

Herr Liman, morgen begehen Sie das einjährige Jubiläum von „Fluxus+“ in Potsdam. Ist das wirklich ein Grund zu feiern?

Ja, auf jeden Fall.

Sie haben keine Probleme? Kein Grund zu klagen?

Doch, natürlich gibt es auch Probleme. Das wäre ja ein Wunder, wenn es keine gäbe. Wir sind zwar auf der einen Seite sehr glücklich über die Resonanz, die wir erhalten. Auf der anderen aber brauchen wir noch immer mehr Besucher.

Wer besucht die Ausstellungen im Museum „Fluxus+“?

Das sind vor allem Besucher von außerhalb. Wir haben aber auch Kontakte zu anderen Museen und Galerien, Sammler und Kunstsachverständige. Und wenn uns von denen jemand besucht, sind die immer wieder sehr überrascht, was ihnen hier geboten wird.

Wie viele Besucher brauchen Sie, um das Museum wirtschaftlich zu führen?

Wir wollen in zwei bis drei Jahren zwischen 30 000 und 40 000 Besucher in unsere Ausstellung holen.

Und wie viele Besucher sind bisher zu Ihnen gekommen?

Im vergangenen Jahr haben ungefähr 20 000 unser Haus und den offenen Foyerbereich besucht. Doch davon waren nicht alle in der eigentlichen Ausstellung. Die, die auch Eintritt bezahlen, sind noch viel zu wenige, da lohnt es sich auch nicht, konkrete Zahlen zu nennen.

Woran liegt es, dass 20 000 Besucher zu Ihnen kommen, sich aber vor allem auf den Verkaufsbereich im Foyer und das Café beschränken und nur ein kleiner Teil die Ausstellungen besucht?

Das liegt vor allem auch daran, dass der gesamte Standort noch mehr Entwicklung braucht. Viele Besucher aus Berlin, Potsdam oder dem Umland kommen hier zufällig her und sagen dann ganz überrascht, dass sie gar nicht wussten, dass es ein solches Museum hier gibt. Da brauchen wir noch mehr Mundpropaganda, um stärker in das Bewusstsein der Menschen zu dringen.

Vielleicht liegt es auch am Museum selbst?

Da sind wir selbstbewusst und sagen, was hier gezeigt wird, gibt es in dieser Form nicht noch einmal in Deutschland.

Was fehlt Ihrer Meinung nach noch am Standort?

Zum Teil ist der Standort Schiffbauergasse für die Potsdamer und in der Umgebung ein Begriff. Wer in die Schiffbauergasse kommt, kennt den Standort. Wir als Museumsbetreiber aber brauchen Gäste, die den Standort noch nicht kennen. Wir müssen daher sichtbar werden im Straßenbereich von Potsdam, auf der Nutheschnellstraße oder der Berliner Straße, damit auch die Touristen auf uns aufmerksam gemacht werden.

Sehen Sie da auch die Stadt in der Pflicht?

Ja, wir erwarten hier von der Stadt, dass sie uns dabei unterstützt. Das heißt aber nicht, dass wir mit der Stadt unzufrieden sind. Die hat uns in vielen Dingen unterstützt. Aber es muss noch mehr passieren.

Machen Sie nicht selbst Werbung?

Natürlich machen wir Werbung. Aber das kostet sehr viel Geld und wir müssen dabei immer bedenken, ob sich das für uns auch rechnet.

Wie beurteilen Sie nach einem Jahr den Standort Schiffbauergasse?

Rein äußerlich ist das jetzt wunderbar und ich denke, dass sich die Institutionen hier einleben werden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dadurch auch automatisch entsprechender Betrieb herrscht. Da reicht es schon zu schauen, was tagsüber hier passiert. Da gibt es zahlreiche kleine Angebote am Rande, beispielsweise von den Bootsanliegern. Aber das reicht bei weitem nicht. Doch die meisten Kulturinstitutionen sind auf den Abend- oder Nachtbetrieb eingerichtet. Da haben wir es mit unserem Tagesangebot was die Besucherzahlen betrifft sehr schwer.

Es fehlt die viel zitierte Laufkundschaft?

Ja, die Laufkundschaft, die hier her geführt wird. Da brauchen wir eine Anbindung an das touristische Netz.

In Form von Stadtrundfahrten?

Genau, mit Bussen. Da gibt es schon entsprechende Gespräche. Aber das können wir nicht allein stemmen.

Wirkt nicht auch der graue, kasernenhafte Schirrhof als Vorplatz zu Ihrem Museum abschreckend auf die Besucher?

Ich weiß nicht, ob die Parkplätze wirklich abschrecken. Natürlich kann man die Fragen stellen, ob eine andere Aufenthaltsqualität das ändern würde. Und ist der Schirrhof dafür überhaupt geeignet? Es gibt am Standort noch genug Plätze, die belebt werden müssen. Der Schirrhof ist im Grunde ein Hinterhof. Wir haben hier doch eine wunderbare Aufenthaltsqualität zum Wasser hin.

Also liegt der Standort Schiffbauergasse Ihrer Meinung nach vor allem auch aus touristischer Perspektive noch zu sehr am Rande der Stadt?

Ja, der gesamte Standort definiert sich vor allem durch bekannte Einrichtungen wie das Hans Otto Theater, Waschhaus, T-Werk, „fabrik“ und hoffentlich bald auch durch „Fluxus+“. Die Begriffe Schiffbauergasse oder Kulturstandort reichen für die Menschen von außerhalb nicht aus. Wer sich davon am Tage dann doch mal herlocken lässt und zum ersten Mal den Standort betritt, der ist mit Sicherheit enttäuscht darüber, was ihm hier geboten wird. Es sei denn, er ist Kunstfan.

Gab es da im vergangenen Jahr nicht Momente in denen Sie sich gesagt haben, die Entscheidung für Potsdam war doch nicht die richtige?

Nein. Ein bisschen Geduld muss man da schon haben.

Gab es Schwierigkeiten am Standort, die Sie trotzdem überrascht haben?

Ja, zum Beispiel die neue Parkraumbewirtschaftung, da mache ich kein Hehl daraus, die ist nicht gerade der Hit. Die ist nicht unbedingt förderlich für eine Belebung des Standortes. Aber da stößt man bei der Verwaltung leider auf taube Ohren.

Das Gespräch führte Dirk Becker

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