Landeshauptstadt: Der Sinn hinter den Formeln
Duden Patec Institut kämpft gegen Rechen- und Rechtschreibschwäche
Stand:
Duden Patec Institut kämpft gegen Rechen- und Rechtschreibschwäche Leg mal drei Löffel auf, sagt die Mutter, und dann kommt der Kleine mit einem ganzen Arm voll an. Er kennt sein Alter nicht und braucht zum Zählen die Finger. Solche Zeichen deuten auf eine Rechenschwäche hin, die später im Matheunterricht die Fünfen regnen lässt und einen guten Schulabschluss verwehrt. Aber nur, wenn nichts dagegen getan wird, meint Anke Harder. Sie leitet das junge Potsdamer Duden Patec Institut, eine Tochter der beiden bekannten Verlage. Acht Lehrer, Diplompsychologen und Heilpädagogen, die zuvor eine Spezialausbildung durchlaufen mussten, therapieren im Nachmittagsunterricht inzwischen 38 Kinder aus Potsdam und dem Land Brandenburg, die mit einer Rechen-, Lese- und Rechtschreib- oder auch Englisch-Schwäche zu kämpfen haben. Der Hauptanteil kommt aus den 2. / 3. und aus den 7. / 8. Klassen, also nach dem Übergang in die weiterführende Schule. Doch selbst mancher Gymnasiast bleibt nicht verschont. So meldete sich eine Abiturientin an. Sie wollte nicht nur die ständigen Punktabzüge bei schriftlichen Arbeiten vermeiden, sondern auch ihrem Freund „endlich eine orthografisch korrekte Email schicken“. Die Idee zu den Instituten für Lerntherapie hatte nach der Wende die Ostberliner Lehrerin Andrea Schulz, inzwischen gibt es in Ost und West ein Viertelhundert davon. Im Vergleich zur Schule mit ihren größeren Gruppen können sie jedes Kind im Einzelunterricht speziell fördern und modernste Methoden anwenden. Auch den engen Kontakt zu den Eltern nennt Anke Harder als Vorteil. Für sie werden Seminare veranstaltet, in denen sie unter anderem lernen, bei den häuslichen Übungen das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken, gelassen mit Fehlern umzugehen und sich vor Schuldzuweisungen zu hüten. Diese Therapiepläne berücksichtigen das Leistungsvermögen der Kinder. In den allermeisten Fällen gelinge es, sie auf ein Niveau zu heben, auf dem sie dem Unterricht in der Regelschule folgen können. Für ein behindertes Kind aus dem Oberlinhaus besteht das Ziel dagegen darin, dass es die Uhrzeit kennt, mit Geld umgehen und seinen Tag einteilen kann – wichtige Voraussetzungen für ein weitgehend selbstbestimmtes Leben. Bei der Therapierung der Rechenschwäche hat sich das Institut eine Spitzenstellung erarbeitet. „Mathe muss nicht das ,Horrorfach der Nation“ sein“, meint Harder. „Wenn sich dem Schüler der Sinn hinter den Formeln erschließt, ist es ungemein interessant und spannend.“ Schul- und Jugendämter in Potsdam und den Nachbarkreisen erkennen die Erfolge des Instituts an und vermitteln Schüler. Außerdem gibt es Privatanmeldungen durch Eltern, denen das bessere schulische Fortkommen ihrer Kinder 200 Euro monatlich wert ist. Wenn man so will, ist Anke Hader ebenfalls auf diesem Wege zu Duden Patec gekommen. Die Mathematiklehrerin, die an der Pädagogischen Hochschule Potsdam studiert hat und an einem Berliner Gymnasium unterrichtete, stellte bei ihrem Sohn eine Rechenschwäche fest. Die wurde am Institut für Lerntherapie erfolgreich bekämpft, und schließlich wechselte Anke Hader selbst als Lehrkraft zu Duden Patec. Zu ihrer schönste Stunde wird, wenn sie wieder Schüler als „geheilt“ entlassen kann. Und zugleich zu einer schmerzlichen; in ihrem Beruf bedeutet Erfolg, Abschied zu nehmen. E. Hohenstein
E. Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: