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Multilinguale Zukunft. Harald Clahsen erforscht die Mehrsprachigkeit.

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Spitzenforscher Harald Clahsen gründet an der Universität Potsdam Forschungsinstitut für Mehrsprachigkeit

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Harald Clahsen ist einer der international angesehensten deutschen Linguisten. Er zählt zu den führenden Forschern auf den Gebieten Spracherwerb, Sprachverarbeitung sowie Sprachstörungen. Er wurde im vergangenen Jahr mit der Alexander von Humboldt-Professur ausgezeichnet. Da lehrte und forschte er noch als Professor an der University of Essex. Seit Herbst 2011 ist er Professor für Psycholinguistik und Mehrsprachigkeit an der Universität Potsdam.

Wie holt man so einen Spitzenforscher nach Potsdam? Die ehemalige Uni-Präsidentin und amtierende Wissenschaftsministerin Sabine Kunst scheint es zu wissen. Sie hat Clahsen als ersten Humboldt-Professor nach Brandenburg geholt. Mit dem höchstdotierten internationalen Preis für Forschung in Deutschland zeichnet die Alexander von Humboldt-Stiftung führende und im Ausland tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen aus. Neben der herausragenden Qualifikation der Kandidaten sind die Konzepte der Hochschulen entscheidend, die den Forschern und ihren Teams eine dauerhafte Perspektive in Deutschland bieten sollen. Das Preisgeld von fünf Millionen Euro finanziert das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Es ist für die Finanzierung der ersten fünf Jahre in Deutschland bestimmt und fließt vor allem in den Aufbau von Forschungsteams und die Ausstattung von Laboren.

Jüngst stellte Clahsen, Gründungsdirektor des „Potsdam Research Institute for Multilingualism“ (PRIM), im Einstein Forum die Arbeit des neuen Forschungsinstituts für Mehrsprachigkeit vor: „Es ist das erste Institut dieser Art in Deutschland.“ Das 14-köpfige Team des PRIM verstärkt seit Oktober 2011 den „Exzellenzbereich Kognitionswissenschaften“ der Humanwissenschaftlichen Fakultät. Die Wissenschaftler beschäftigen sich mit mehrsprachigen Kindern und Erwachsenen sowie mit mehrsprachigen Menschen, die unter einer Sprachstörung oder verzögerten Sprachentwicklung leiden. Der Fokus liegt auf grammatisch komplexen Strukturen, womit die Grammatik sowohl von Sätzen als auch von Wörtern gemeint ist.

Um besser zu verstehen, wie Menschen Sprache verarbeiten, untersuchen die Forscher Kerngebiete der Sprachverarbeitung mit neuesten experimentell-psycholinguistischen Methoden. Dazu gehört die Messung von Augenbewegungen beim Lesen, Sprechen und Hören sowie die Messung von Hirnaktivitäten. Zentral ist dabei die Untersuchung der Sprachverarbeitung im zeitlichen Verlauf. Clahsen: „Ich bringe Untersuchungen, mit denen wir die Reaktionszeit für bestimmte Aufgaben ermitteln, Blickbewegungsexperimente und EEG-Messungen zusammen, um ein möglichst komplexes Bild zu erhalten.“

Relevant ist das Thema allemal: „Einsprachigkeit ist heute bereits eine Ausnahme“, so Clahsen. Entscheidend für die Fähigkeit zur Mehrsprachigkeit sei das Alter der Lernenden. In Potsdam untersuchen die Wissenschaftler, ob die Verarbeitung von sprachlicher Form und Bedeutung in der Erstsprache genauso wie in der Zweitsprache funktioniert. Dazu werden bereits erprobte Verfahren genutzt, mit denen Clahsen untersucht hat, ob Bedeutung, Grammatik und phonetische Informationen nacheinander oder gleichzeitig verarbeitet werden.

Zusätzlich zur Grundlagenforschung beraten die Wissenschaftler Personen, die mit Mehrsprachigkeit konfrontiert sind. Dazu gehören Lehrer und Erzieher sowie Eltern, die ihre Kinder mehrsprachig erziehen. Eine praktische Herausforderung sei das korrekte Einschätzen der Fähigkeiten beim Spracherwerb. Dazu benötige man Kriterien, um beurteilen zu können, ob bestimmte Fehler als Indikator für Sprachbehinderung anzusehen sind oder nicht.

Ministerin Kunst freut sich sehr über den „wissenschaftlichen Re-Import nach Deutschland“. Die Humboldt-Professur sei ein wertvoller Beitrag zur Internationalisierung der Wissenschaften in Deutschland und Clahsens Forschungsgebiet ein spannendes Thema. Mehrsprachigkeit sollte systematisch erforscht und gepflegt werden: „In Zukunft werden sich immer mehr Menschen in Fremdsprachen ausdrücken können müssen.“

Maren Herbst

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