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Mein WENDEHerbst: Der „taz“-Prophet

JAHREMAUERFALLDer Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9.

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JAHRE

MAUERFALL

Der Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9. November fällt die Mauer. An dieser Stelle erinnern sich in den Potsdamer Neuesten Nachrichten täglich Menschen in Potsdam an ihre Erlebnisse in dieser Zeit. Heute: Erich Jesse. Der 53-Jährige ist Chef des Sanierungsträgers.

Im Oktober 1989 platzte Erich Jesse, damals Referent des Berliner SPD-Bausenators Wolfgang Nagel, endgültig der Kragen. 3000 Menschen flüchteten täglich über die offene Grenze Ungarns in die Bundesrepublik, die Hälfte landete in Westberlin. Die Alternative Liste (AL), die Grünen also, die mit den Sozialdemokraten Berlin regierten, „haben damals überlegt, ob man nicht noch schnell die DDR anerkennt, um die Menschen als Ausländer wieder abschieben zu können“. Jesse verfasste einen Artikel, „um denen mal einen Einlauf zu verpassen.“ Mitte Oktober war das. Unter dem Titel „Die Linke ist gefordert“ nahm Jesse vor allem die AL gründlich Maß. Die Grünen wollten die Entwicklung in der DDR „nicht zur Kenntnis nehmen“, schimpfte er und forderte weitsichtig ein Umdenken in der Baupolitik, um in Berlin mehr Wohnraum für die Zeit nach der Einheit zu schaffen. Die „Linke“ stecke indes den „Kopf in den Sand“ und hoffe, „der Zuwandererstrom möge an uns vorbei nach Hückeswagen ziehen“.

Am 6. November erschien der Beitrag in der „taz“. „Danach wurde ich böse verdroschen“, sagt er heute vergnügt. Am 15. November sollte er vor den Grünen Spießruten laufen, doch da hatte der Mauerfall ihm längst Recht gegeben. Den Abend des 9. November verbrachte Jesse an der Seite seines Chefs auf einer Hubplattform der US-amerikanischen Nachrichtenstation NBC „über dem Brandenburger Tor“, er beobachtete aus der Vogelperspektive, wie die Menschen scharenweise die Mauer erkletterten. „Eine Supersache.“ Den ersten Ossi auf dem Ku’damm will Jesse auch entdeckt haben: Auf einer „Schwalbe“ sei da immer einer rauf und runter gefahren. „Diese Mopeds gab’s ja im Westen nicht.“ Später „haben wir uns dann einfach fünf Leute gegriffen, sind mit denen in die Kneipe gegangen und haben ihnen einen ausgegeben.“ pee

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