
© 20th Century Fox
Landeshauptstadt: Der Tod und das Mädchen
Die Nachwuchsschauspielerin Sophie Nélisse träumte von Olympia – dann spielte sie die Titelrolle in „Die Bücherdiebin“. Jetzt startet der Film im Kino
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Die Suche nach Liesel war das Entscheidende. Wie sollte es sein, das Mädchen, das auf der Leinwand zur „Bücherdiebin“ wird? Das die Titelheldin jenes Romans von Markus Zusak verkörpert, der zum internationalen Bestseller avancierte und inzwischen in zahlreichen Sprachen erschienen ist? Ein Kind, das neugierig, temperamentvoll, unschuldig und intelligent sein konnte, – draufgängerisch und verwundbar zugleich, suchten die Macher des Films, der am morgigen Donnerstag in den Kinos startet.
Der ganz normale Alltag und der Kampf ums Überleben der Deutschen während des „Dritten Reiches“ zeigt Brian Percivals einfühlsame Verfilmung, die im vergangenen Frühjahr in den Babelsberger Studios entstand. Sie erzählt von der neun Jahre alten Liesel Meminger, die 1939 zu einer Pflegefamilie ins fiktive Molching bei München gebracht wird. Ihr kleiner Bruder stirbt auf der Fahrt dahin und wird beerdigt – und die Bücherdiebin schlägt zum ersten Mal zu: Sie, die noch nicht lesen kann, nimmt ein Buch an sich, das einem Totengräber aus der Tasche fällt – „Das Handbuch für Totengräber“. Es ist auch der Moment, in dem der Tod die Bücherdiebin bemerkt.
Der australische Autor Markus Zusak, dessen aus München und Wien stammende Eltern die Bombennächte des Krieges miterlebten, wählte gerade ihn als Erzähler seiner Geschichte: „Der Tod war im Zweiten Weltkrieg allgegenwärtig, deshalb erschien es mir einleuchtend, dass er die Geschichte erzählt.“ Auch das Geschehen im Film kommentiert der Tod – in der deutschsprachigen Fassung mit der markanten Stimme von Schauspieler Ben Becker.
Doch es ist Liesels Sicht, aus der die Zuschauer das Nazi-Deutschland erleben: wenn die wildfremden Hubermanns plötzlich zu ihren neuen Eltern werden, wenn der Jude Max im Kellerversteck Unterschlupf findet, und wenn sie mit ihrem Freund Rudi und den Bewohnern der Himmelstraße Tragisches, aber auch Momente des Glücks erlebt.
Die aufwendige Hollywoodproduktion besticht durch wunderbare Bilder gewissenhaft ausgestatteter Szenerien – die berühmte Babelsberger Außenkulisse „Berliner Straße“ wurde dafür von den Handwerkern des Studios um einen ganzen Straßenzug erweitert. In „Die Bücherdiebin“ hat sie zugleich ihren letzten Auftritt auf der Leinwand – mittlerweile musste sie für die geplante Wohnbebauung weichen, ein Neubau auf der anderen Seite der Großbeerenstraße wird vorbereitet.
Stars wie Emily Watson, zuletzt in Spielbergs „Gefährten“ zu sehen, sowie Geoffrey Rush, Oscar-Preisträger und als Sprachtrainer in „The King’s Speech“ gefeiert, überzeugen als Pflegeeltern Hubermann. Doch es ist Sophie Nélisse als Liesel, die „Die Bücherdiebin“ auch auf der Leinwand zu etwas Besonderem macht. Zusak selbst hatte in dem kanadischen Teenager seine Liesel erkannt, als er sie im Film „Monsieur Lazhar“ sah. Obwohl die heute 13-Jährige auch schon auf der Liste der Filmemacher stand, blieb die Besetzung dennoch offen. Als Kunstturnerin träumte Sophie noch von einem Start bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016. Doch nach einer Verletzung las sie das Drehbuch – und entschied sich für Liesel. Dorit Koch
Dorit Koch
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