
© M. Thomas
Vorlesewettbewerb in Potsdam: Der Vorleser
Wer ist der beste Vorleser in Potsdam? Ein 11-jähriger Schüler überzeugte die Jury. Das lange Training hat sich bezahlt gemacht.
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Potsdam - Etwas verlegen blickt er auf den Boden, wischt sich eine Haarlocke aus dem Gesicht und strahlt dann mit einen breiten Lächeln in die Kamera. Dazu hatte Tillmann auch allen Grund, denn der elfjährige Schüler der Karl-Foerster-Schule ist am gestrigen Mittwoch zum besten jungen Vorleser in Potsdam gekürt worden.
Gemeinsam mit 18 anderen Sechstklässlern nahm er am diesjährigen Vorlesewettbewerb des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels teil, der in der Potsdamer Stadt- und Landesbibliothek (SLB) stattfand. Dabei setzte er sich mit seinem flüssigen und lebendigen Lesestil gegen seine Mitstreiter durch. Drei Minuten hatte er Zeit, um aus seinem Wahlbuch, dem zweiten Band von Alan Bradleys Reihe „Flavia de Luce – Mord ist kein Kinderspiel“, vorzulesen. Für die Zuhörer war das fast schon zu wenig Zeit, denn Tillmann schaffte es mit seiner sauberen Lesetechnik nicht nur, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sondern auch die schwarzhumorige Stimmung des Romans in fast schon greifbaren Bildern heraufzubeschwören. „Ich mag das Buch, weil es ein lustiger Krimi ist“, sagte er. „Es macht einfach Spaß, es zu lesen.“ Eine Leseratte sei er schon immer gewesen, verriet seine Mutter. Nicht selten müsse sie ihn am Abend ermahnen, das Buch wegzulegen und sich stattdessen schlafen zu legen. Wenn Tillmann nicht gerade bis spät in die Nacht in Geschichten versunken ist, übt der Sechstklässler auf seiner Posaune und dem Klavier oder spielt Fußball, wie er erzählte.
Zum ersten Mal sind viele Jungs dabei
Nachdem er sich zunächst beim Vorlesewettbewerb gegen alle seine Klassenkameraden und schließlich gegen alle Sechstklässler seiner Schule durchgesetzt hatte, hat er fast zwei Wochen für den Auftritt in der SLB geübt. Doch auch beim Vorlesen von Charlotte Indens „Operation 5 Minus“, das allen Teilnehmern vorher nicht bekannt war, überzeugte er die Jury restlos. Die tat sich mit der Auswahl des Gewinners sehr schwer, wie Manuela Neels vom Kinder- und Jugendbüro Potsdam sagte. „Es waren unglaublich viele tolle Vorleser dabei“, so Neels. „ Es war sehr knapp und letztendlich entschieden nur wenige Punkte über Tillmanns Sieg.“ Besonders gefreut habe sich die Jury, dass in diesem Jahr das erste Mal so viele Jungs an dem Wettbewerb teilgenommen hätten. Und auch die Bandbreite der vorgestellten Bücher habe Eindruck hinterlassen, wie Neels sagte. Tatsächlich war von Cornelia Funkes Fantasyabenteuer „Tintenherz“ über Marie-Aude Murails Jugendbuch „Simpel“ bis hin zu Wolfgang Herrendorfs Roadtrip „Tschick“ alles dabei. „Wir haben dabei selber noch neue Bücher kennengelernt“, freute sich Neels.
Aus welchem Roman Tillmann beim Bezirksentscheid Ende März in Wittstock lesen wird, weiß er noch nicht. „Die ,Harry Potter’-Reihe lese ich am liebsten“, sagte er. „Aber vielleicht nehme ich doch ein anderes Buch.“ Er freue sich sehr auf die nächste Runde, auch wenn er ein bisschen aufgeregt sei. Am gestrigen Abend nahm er erst mal glücklich seine Urkunde und seine Buchpreise entgegen, in die er sich die nächsten Abende vertiefen wird.
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