Landeshauptstadt: Der wahre Wein der Villa Jacobs
Marianne Ludes verwirklicht ihren Traum: Jährlich 1000 Flaschen Frühburgunder aus Potsdam
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Nauener Vorstadt - Es ist kein Spleen. Der Weinanbau hat in der Gegend durchaus eigene Wurzeln. Schon vor dem Bau der Villa Jacobs im Jahre 1835, errichtet als Ersatz für das Restaurant Bertini, hieß die Bertinistraße auch „Weinbergweg nach Bertini“, wie der Historiker Klaus Arlt in seinem Buch „Die Potsdamer Straßennamen“ schreibt. Der Weg verband Bertinis Gastwirtschaft mit dem Großen Weinmeisterweg – auch dieser Name zeugt vom Weinanbau früherer Tage. Marianne Ludes, die mit ihrem Mann, dem Architekten Stefan Ludes, die nach einem Brand 1981 abgerissene Villa Jacobs 2008 neu errichten ließ, hat auch in den Lebenserinnerungen der Enkelin von Ludwig Jacobs gelesen, dass früher „bei Opa“ Weinreben im Garten standen.
Jetzt stehen wieder welche dort. Viele sogar. Bis zu 99 Pflanzen darf jeder pflanzen, ohne irgendwen um Erlaubnis fragen zu müssen. Marianne Ludes hat 1000 Rebstöcke pflanzen lassen, die von einem straff gespannten Drahtgeflecht gehalten werden. Damit unterliegt der neue Weinberg an der neuen Villa Jacobs dem europäischen Weinrecht und musste beantragt werden. 2010 hat die 49-Jährige jedoch von den 10 000 Quadratmetern „Rebrechten“, die das Land Brandenburg zu vergeben hatte, 2000 Quadratmeter ergattern können.
Marianne Ludes entschied sich für Hochstamm-Reben der Sorte Frühburgunder, ein Rotwein, der im Gegensatz zum viel bekannteren Spätburgunder nicht erst im Oktober geerntet wird, wenn es in Brandenburgischen dafür oft schon zu kalt ist. Die Diplom-Kauffrau tapst nicht ahnungslos in das Abenteuer Weinanbau; gemeinsam mit ihrem Mann besitzt sie bereits einen Weinberg an der Mosel. Ein Winzer kümmert sich dort um die Ernte und keltert einen Wein, der den Namen „Villa Jacobs“ trägt – was sicher kein Etikettenschwindel ist, solange es den echten, den einzig wahren Villa-Jacobs-Wein noch nicht gibt. Marianne Ludes rechnet bereits in diesem Jahr mit einer ersten kleinen Ernte. In guten Jahren sollen es dann durchaus 1000 Flaschen sein, die der Winzer von der Mosel für das Ehepaar Ludes keltert. Der Wein wird durch das Ehepaar und deren Freunde geerntet und dann nach Rheinland-Pfalz gebracht, um dort verarbeitet zu werden.
Zwischen 18 und 20 Euro werde die Flasche schon kosten, schätzt Marianne Ludes ein. Ein guter Weinhändler in der Dortustraße habe bereits sein Interesse bekundet, den Wein der Villa Jacobs zu vermarkten. Wein aus Potsdam, dafür müsste es Interessenten geben, ist sich Marianne Ludes sicher. „Es ist nicht nur Liebhaberei“, sagt sie. Zusammen mit „ein paar tausend Liter Apfelsaft“, die die Bäume im Apfelhain auf dem Grundstück der Villa hergeben, soll ein Ertrag erwirtschaftet werden, der den Unterhalt des weitläufigen Anwesens trägt. Die Anlage geht auf frühe Pläne des Hofgärtners Peter Josef Lennè zurück. Als Hinweis auf frühe Wein-Affinitäten in der Villa Jacobs dürfte auch der Weinkeller sein, der noch original erhalten ist und deren Mauern so dick sind, dass die neue Villa Jacobs darauf erbaut werden konnte. Erhalten sind auch die filigran gemauerten Deckengewölbe, sogenannte „böhmische Kappe“, die Marianne Ludes zufolge Begeisterung hervorriefen bei den Denkmalschützern.
Doch bevor es an die Ernte geht, müssen die Reben fachgerecht zugeschnitten werden. Marianne Ludes will sich diese Kunst noch von ihrem Winzer an der Mosel zeigen lassen, schließlich komme es darauf an, einen guten Trieb stehen zu lassen, der ideal zur Sonne ausgerichtet dann eines Tages im besten Fall voller Trauben hängt. Einzig ein weiterer Winter mit sibirischer Kälte könnte dem Traum von von einem echten „Villa Jacobs“-Wein noch den Garaus machen.
Bereits am Samstag, dem 4. Juni dieses Jahres, sind alle Interessierten von 10 bis 18 Uhr zu einem Winzerfest an der Villa Jacobs, Bertinistraße 17, eingeladen.
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