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Winterwetter. 19 Zentimeter Schnee und Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt sorgen für bestes Winterwetter. Der Räumdienst der Stadtentsorgung Potsdam ist mit 80 Fahrzeugen im Einsatz, doch das Salz könnte in den nächsten Tagen knapp werden.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Der Winter hat Potsdam im Griff

19 Zentimeter Schnee und Kaltluft: Wie Sozialeinrichtungen, Krankenhäuser und Winterdienst damit umgehen

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DIE WETTERLAGE

„Überhaupt nicht außergewöhnlich“ schätzt Hans-Werner Voß, gestern Meteorologe vom Dienst des Deutschen Wetterdienstes Potsdam, die gegenwärtige Witterungslage ein. Es sei lediglich Kaltluft von Polen her in den ostdeutschen Raum eingeflossen, so dass Tiefdruckgebiete südlichere Bahnen nahmen. Rekorde sind Voß zufolge noch nicht zu vermelden. Was in Potsdam jedoch an Wetterextremen möglich ist, zeigt die weltweit bedeutsamste Messreihe der Säkularstation auf dem Telegrafenberg. So dauerte die längste Kälteperiode seit Messbeginn 1893 vom 21. Januar 1947 bis zum 26. Februar 1947, als die Temperatur 37 Tage lang nicht über die Null-Grad- Grenze kletterte. Wer sich an den gegenwärtigen Nachttemperaturen von mehr als minus zehn Grad stört, der sollte sich an dem Gedanken erwärmen, dass es noch schlimmer sein könnte – wie etwa am 11. Februar 1929, als die Potsdamer Meteorologen minus 26,8 Grad maßen. Einzig die Schneedecke in Brandenburg ist Meteorologe Voß zufolge bemerkenswert, da sie gegenwärtig dicker ist als etwa in Bayern, die Alpenregion ausgenommen. In Potsdam wurden gestern 19 Zentimeter Schnee gemessen, in Politz bei Forst sogar 25 Zentimeter. Die Frage ist, wie lange die weiße Pracht anhält? Der Potsdamer Rekord liegt bei 113 Tagen mit geschlossener Schneedecke, vom 1. Dezember 1969 bis zum 23. März 1970.

Im Notfall

Auf einen möglichen Ansturm vorbereitet haben sich die Suppenküche und das Obdachlosenheim Lerchensteig. „Wir verlängern bei Bedarf unsere regulären Öffnungszeiten bis 19 Uhr“, sagte Jörg Jutzi, stellvertretender Geschäftsstellenleiter der Volkssolidarität Potsdam, die Träger der Suppenküche ist. „Wir merken während des Tages einen stärkeren Strom an Besuchern, die sich aufwärmen wollen“, so Jutzi. Außerdem gebe es gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt einen Busshuttle zur Notunterkunft im Lerchensteig. Das Angebot sei bislang aber nicht genutzt worden. „Auch im vergangenen Jahr wurde das Busshuttle nicht einmal benötigt“, so Jutzi. Im Obdachlosenheim der Arbeiterwohlfahrt stehen derweil Notbetten und Matratzen parat, so die Leiterin der Einrichtung, Christa Zinnecker. Bedarf dafür gab es jedoch noch nicht. 114 Menschen bewohnen derzeit regulär das Heim, dazu kommen sechs Notübernachter. „Merkwürdigerweise haben wir eher im Sommer einen Ansturm als an den kalten Tagen im Winter.“ Erklären könne sie sich diesen Umstand nicht.

Der Winterdienst

„Das mit dem Salz ist so eine Sache“, sagt Enrico Munder. Noch wartet der Geschäftsführer der Stadtentsorgung Potsdam, die auch den Auftrag für den Räumdienst der Stadt erhalten hat, auf Salz-Lieferungen aus Bernburg. Von dort aus werden Kommunen und Autobahnmeistereien des Landes Brandenburg mit Salz zum Streuen auf den Straßen beliefert – in Potsdam könnte es langsam knapp werden. Wenn überall Winter ist, sei auch mal mit späteren Lieferungen zu rechnen, sagte Munder. Sein Unternehmen habe noch im alten Jahr bestellt und warte täglich auf neues Salz. Die Stadt Potsdam hat sich trotz des Chaos im vergangenen Winter auch in diesem Winter für Natriumchlorid als Taustoff für zugefrorene Straßen entschieden – bis minus 8 Grad Celsius taut es Schnee und Eis. Anders in Berlin, dort wird Magnesiumchlorid verwendet, das bis minus 20 Grad Celsius das Eis auftaut. Die Sole, also die Salzlösung, darf nur auf den Straßen gesprüht werden. Auf Rad- und Fußwegen werde geräumt und Kies gestreut. Insgesamt seien 80 Fahrzeuge und 100 Mitarbeiter im Mehrschichtbetrieb im Einsatz. Da die Müllabfuhr wie sonst auch zu erledigen ist, müsse in extra Schichten gearbeitet werden.

Vorsichtige Fahrer

Die Potsdamer scheinen sich mit der Glätte arrangieren zu können. Laut Polizeisprecherin Diane Jende seien im Vergleich zum Wintereinbruch vor einem Jahr weniger Verkehrsunfälle registriert worden. Bisherige Spitzenreiter waren der 30. und 31. Dezember mit jeweils 19 Unfällen. „Wir nehmen wahr, dass die meisten Leute eher vorsichtig fahren“, sagte Jende. Und Unaufmerksamkeiten können sich schnell rächen.

Mehr Knochenbrüche

Mehr Arbeit als sonst registrieren die Krankenhäuser der Stadt. „Das ist bei dem Wetter immer so“, sagte Christiane Laun, die Leiterin der Chirurgie am St. Josefs- Krankenhaus. Vornehmlich mussten Sturzverletzungen wie Knöchel- oder Handgelenksfrakturen behandelt werden. Sechs solcher Operationen habe allein das Wochenende gebracht – eine Zahl, die laut Laun sonst innerhalb einer normalen Woche anfällt. Auch im Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann werden „mehr Knochenbrüche und Stauchungen“ behandelt, so eine Sprecherin des Hauses.

Öffentliche Verkehrsmittel

Bevor die Straßenbahnen in diesen Tagen den Verkehrshof verlassen, werden sie vorgeheizt. „Die derzeitigen Temperaturen stellen die Fahrzeugflotte der ViP vor keine nennenswerten Probleme“, teilte Sprecher Stefan Klotz gestern mit. Erst am Samstag ist eine Straßenbahn am Hauptbahnhof aufgrund der Witterung und des Eises entgleist. Es hatte mehrere Stunden Schienenersatzverkehr gegeben. Weichen können ohnehin immer seltener zufrieren. „Die meisten Straßenbahn-Weichen sind elektrisch beheizt“, so Klotz.

Das Rohrnetz

Derzeit gebe es keine erhöhten Rohrbruchzahlen, teilten die Stadtwerke mit. Der letzte größere Rohrbruch war im Dezember 2009 in der Alleestraße. Erst mit dem Tauwetter würden die Probleme größer, erklärte Sprecher Stefan Klotz. „ In dieser Zeit kann es dann erfahrungsgemäß zu vermehrten Rohrbrüchen kommen“, da ein gefrorener Boden die Stabilität begünstige. jab/GB/KG/HK

Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.

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