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Potsdams Personenschützer: Des Kaisers Leibwache

Horst und Ewa Pomplun haben in bald 30 Jahren an die 3000 Personenschützer ausgebildet. Das Thema Sicherheit liegt in der Familie - Pompluns Urgroßvater gehörte zur Leibwache von Kaiser Wilhelm II.

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Das mit der Sicherheit muss bei ihm in der Familie liegen. Schon sein Urgroßvater, ein Freiherr von Bülow, war bei der Leibwache von Kaiser Wilhelm II., erzählt Horst Pomplun. Dem Vorfahren gehörte auch die blassgelbe Villa in der Großen Weinmeisterstraße, in deren Bel-Etage Pomplun jetzt mit seinen Gästen – Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf einem seiner regelmäßigen Unternehmensbesuche – an der Tafel sitzt. Im Kronleuchter baumelt noch eine schwarze Bomben-Attrappe. Das bedeutet später sicher Liegestütze für die Sicherheitsleute, denen das bei der Überprüfung nicht aufgefallen ist. Dann kann Pomplun schnell eine scharfe und laute Stimme bekommen. Aber jetzt ist er in Erzähllaune und zeigt ins Nachbarzimmer, die Bibliothek: „Auf dem Sessel da hat schon der Kaiser gesessen.“

Blaublütige Kunden haben der Personenschützer und seine Frau Ewa, die Köpfe hinter der Firma VTP-Security, auch heute noch. Gerade sorgen ihre Leute für die Sicherheit eines saudischen Prinzen auf Berlin-Besuch, Mitglieder der englischen Königsfamilie haben die Pompluns beschützt, oder Prinz Vladimir von Jugoslawien. Aber auch Politiker und Stars gehören zu ihren Auftraggebern: Im Flur der Potsdamer Villa hängen Fotos von Einsätzen mit dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, mit dem unlängst verstorbenen venezuelanischen Präsidenten Hugo Chavez, den die Pompluns zweimal in der Landeshauptstadt begleiteten, mit Tennis-Legende Gabriela Sabatini oder Musiker Phil Collins.

Seit rund 30 Jahren bildet Pomplun, der früher im Polizeidienst arbeitete, auch Personenschützer aus – und war damit deutschlandweit der Erste, wie er sagt. An die 3000 Männer und Frauen sind mittlerweile durch seine Schule gegangen, seit einigen Jahren ist die Akademie IHK-zertifiziert. Gelernt wird unter möglichst realen Bedingungen bei echten Einsätzen – auch der OB-Besuch wird da zum Praxistest. Nach sechs Modulen – für jedes zahlen die Teilnehmer 998 Euro – sind die Personenschützer fertig ausgebildet. Wissen, wie sie Waffen tragen und nutzen, wie sie eine Person vor möglichen Angreifern schützen, wie sie gefährliche Gegenstände identifizieren, kennen sich aber auch mit Etikette aus und wissen, wie man eine Flasche Wein serviert: Denn bei mancher Schutzperson darf normales Restaurant-Personal aus Sicherheitsgründen nicht bedienen. Die Einstiegsvoraussetzungen für die Ausbildung: ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis und ein Eignungsgespräch mit dem Chef. „Wir wollen hier keine Extremen, links oder rechts“, erklärt Pomplun.

Dass er nach der Wende zurück nach Potsdam wollte, in die Villa seiner Vorfahren, war für den 65-Jährigen eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem musste er bis zum Sommer 1994 warten. Auch dazu gibt es eine Geschichte. Denn das Haus gehörte während der DDR-Zeit zum „KGB-Städtchen“ – der Deutschlandzentrale des sowjetischen Geheimdienstes, die Potsdamer nicht betreten durften. Erst mit Abzug der Sowjettruppen wurde das Gelände westlich des Neuen Gartens am 15. August 1994 wieder der Stadt übergeben. Einen Tag später kamen Pompluns. Die Rückübertragung der Villa durch das Bundesvermögensamt klappte noch am selben Abend, erinnert sich Pomplun. Im Dachstuhl fanden sie dann nicht nur einen beachtlichen Alkohol-Vorrat, sondern auch eine Kollektion von Uniformen verschiedener Länder. Die waren wenige Tage später aber trotz ausgetauschter Schlösser plötzlich verschwunden. Im Keller gab es einen Geheimgang in Richtung Hessestraße, stellten die Pompluns schließlich fest.

Solche und andere Geschichten erzählt der Sicherheitsexperte gern. Und ist kaum zu stoppen, wenn er einmal angefangen hat. KGB, CIA, BKA, Scheichs, Prinzen und Präsidenten – beim Rundgang durch die Villa fliegen den Gästen die Stichworte nur so um die Ohren. Gleichzeitig bestaunen sie die kuriose Mischung von Erinnerungsstücken aus aller Herren Länder, etlichen Orden und Medaillen – darunter auch zwei Bundesverdienstkreuze –, kostümierten Puppen und allerlei technischen Spielereien, die aus der Werkstatt von James Bonds „Q“ stammen könnten – wie die Sonnenbrille mit eingebauter Kamera. Nebenbei lässt Pomplun seine Armbanduhr Feuer spucken und einen unscheinbaren Schlüsselanhänger eine Leuchtrakete in den Garten schießen. Bei den Nachbarn wundert sich schon längst niemand mehr über solche Aktionen.

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