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Hoffbauerstiftung in Potsdam: Diakonie-Chef muss gehen

Im Oktober entscheidet sich, ob die Hoffbauer-Stiftung den angeschlagenen Sozialträger auffangen kann.

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Die finanzielle Schieflage beim Diakonischen Werk hat personelle Konsequenzen. In der neu zu gründenden gemeinnützigen GmbH, in die der angeschlagene Diakonie-Verein überführt werden soll, wird der noch amtierende Geschäftsführer Marcel Kankarowitsch keine Rolle mehr spielen. Das bestätigte Frank Hohn, Vorstandschef der Hoffbauerstiftung, am Mittwoch den PNN auf Anfrage. Die Hoffbauer-Stiftung soll ab Anfang 2014 als Gesellschafter der neuen gGmbH fungieren, Hohn führt die Verhandlungen.

Es werde bereits ein neuer Geschäftsführer für Kankarowitsch gesucht, sagte Hohn. Diesem sei es nicht gelungen, bestimmte Probleme zwischen der Stadt Potsdam – als dem Zuwendungsgeber – und dem Sozialträger zu lösen, auch aufgrund „nicht gelungener Kommunikation“. Daher gebe es nur ohne den langjährigen Chef der Diakonie die Chance für einen Neustart des Sozialträgers, so Hohn: „Das ist mit ihm auch so besprochen.“ Jedoch gebe es nach derzeitigem Stand keine Verdachtsmomente, die eine Strafanzeige rechtfertigen würden, betonte Hohn auf Nachfrage.

Kankarowisch, 52 Jahre alt, ist seit fast zwei Jahrzehnten Chef der Diakonie. Er ist auch stimmberechtigtes Mitglied im Jugendhilfeausschuss der Stadt Potsdam und gehörte zu den Gesellschaftern, die 2009 das Waschhaus in der Schiffbauergasse übernahmen. Am Mittwoch reagierte der 52-Jährige kurz angebunden. Zur Situation der Diakonie werde er sich nicht äußern, sagte er den PNN lediglich – es handele sich um ein schwebendes Verfahren. Vom Vorstand der Diakonie war am Mittwoch niemand zu erreichen.

Die Misere bei der Diakonie ist durch einen Streit mit der Stadt Potsdam über Kita-Abrechnungen entstanden. Mittlerweile hat das Jugendamt rechtskräftige Forderungen in Höhe von 140 000 Euro, bestätigte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Dazu kommen weitere Prüfverfahren – laut Verfahrensbeteiligten könnten sich die offenen Forderungen danach auf mehr als 500 000 Euro erhöhen. Bereits Anfang 2012 hatten die PNN über diesen Konflikt berichtet – Anlass für die Rückforderung sei die Tiefenprüfung von Kita-Abrechnungen der Diakonie gewesen, wie es damals aus dem Rathaus hieß. Dabei sei aufgefallen, dass die Diakonie teilweise Personal abgerechnet habe, dessen Beschäftigung durch die geltende Kita-Finanzierungsrichtlinie nicht gedeckt gewesen sei. Kankarowitsch hatte Fragen der PNN zu dem Vorgang damals nicht beantwortet. Unklar blieb gestern, ob von Kankarowitsch Rückstellungen gebildet wurden und ob er den Vorstand rechtzeitig über die brenzlige Lage informierte.

Seit dem Sommer nun wird mit der Hoffbauer-Stiftung verhandelt – und gestern habe sich das Kuratorium der Stiftung auch grundsätzlich für die Übernahme ausgesprochen, so Vorstand Hohn: „Wir wollen die Diakonie auffangen.“ Vor einer grundsätzlichen Entscheidung wolle man aber noch eine Mitgliederversammlung der Diakonie am nächsten Dienstag abwarten. Zudem würden mit der Stadt und weiteren Gläubigern noch Gespräche zum Umgang mit den aufgelaufenen Verbindlichkeiten geführt. „Da werden wir Lösungen finden müssen“, so Hohn. Er rechne mit einer Entscheidung im Oktober.

Die Hoffbauer-Stiftung, die sich vor allem auf Bildungsangebote spezialisiert hat, hatte angekündigt, alle Bereiche der Diakonie zu erhalten und die 200 Mitarbeiter weiterzubeschäftigen. Hohn sagte, es gebe auch Angebote von Interessenten, beim Erhalt bestimmter Sozial-Angebote des Trägers zu helfen (siehe Kasten).

DIAKONISCHES WERK POTSDAM

Einer der größten Sozialträger in Potsdam

Im Diakonischen Werk Potsdam e.V. sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt. Der vor 21 Jahren gegründete Verein hat einen Jahresumsatz von etwa zehn Millionen Euro, zwei Drittel davon werden mit Kitas in Potsdam und Umgebung verdient. Die Diakonie betreibt zudem ein Flüchtlingsheim und ein Familienzentrum am Schlaatz. Dazu gibt es Beratungs- und Sozialangebote für Familien und Jugendliche – es handelt sich um einen der größten Sozialträger in der Landeshauptstadt. Laut dem Leitbild des Vereins seien der christliche Glaube und die enge Verbindung zur Evangelischen Kirche die Grundlagen des eigenen Handelns. Zu den Mitglieder des Vereins gehören die evangelischen Gemeinden in der Region Potsdam, das Oberlinhaus sowie auch die Hoffbauer-Stiftung – die nun das Diakonische Werk und dessen Angebote erhalten will. (HK)

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