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Landeshauptstadt: Diakonisches Werk ist gerettet

Gläubiger stimmen dem Insolvenzplan zu. Erstmals ist klar, warum der Verein in Schieflage kam

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Das insolvente Diakonische Werk Potsdam ist gerettet. Der in finanzielle Schieflage geratene Sozialverein wird allerdings geschrumpft aus der Krise hervorgehen, mehrere Bereiche sind bereits an andere Träger abgegeben. Doch die Jobs der rund 220 Mitarbeiter sind gesichert. Die Gläubiger bekommen einen kleinen Teil des Geldes wieder, das die Diakonie ihnen schuldet.

Das sieht der den PNN vorliegende Insolvenzplan vor, den die Gläubiger Ende vergangener Woche einstimmig angenommen haben, wie Diakonie-Chef Frank Hohn den PNN auf Anfrage bestätigte: „Damit wird das Insolvenzverfahren in den kommenden Wochen beendet sein, die Arbeit der Diakonie kann weitergehen.“ Hohn – der auch die Potsdamer Hoffbauerstiftung führt, die Mitglied der Diakonie ist – hatte den Träger nach Beginn der Krise im vergangenen Jahr übernommen.

Der besagte Plan des Potsdamer Insolvenzverwalters Christian Graf Brockdorf skizziert dabei erstmals klar, wie die Misere entstand. Demnach sei die Schieflage der Ausweitung der Tätigkeitsbereiche des Vereins geschuldet – ohne dass gleichzeitig „die dafür notwendigen Controlling-Strukturen“ und auch die Finanzverwaltung angepasst wurden. „Die vorhandene kleine Verwaltung konnte die Ausweitung und Spezialisierung der Arbeitsbereiche nicht mehr ordnungsgemäß organisieren und überwachen“, heißt es in dem Papier, in dem auch fehlendes Know-how des Vereins kritisiert wird.

Unter anderem habe die Diakonie über Jahre hinweg zu viele pädagogische Fachkräfte in ihren Kitas eingesetzt, heißt es in dem Plan – die Folge seien Rückforderungen der Stadt Potsdam und des Landkreises Potsdam-Mittelmark in sechsstelliger Höhe gewesen. Weitere Rückforderungen hätten sich ergeben, weil an anderer Stelle nicht genügend qualifiziertes Personal eingesetzt wurde.

Da die Diakonie als gemeinnütziger Verein keine Rücklagen bilden durfte, konnten sie das geforderte Geld nicht überweisen – es folgte die Insolvenz. Bisher hieß es zu Begründung der Insolvenz lediglich, es habe „systematische Abrechnungs- und Beantragungsfehler“ gegeben. Infolge der Krise musste der langjährige Diakonie-Geschäftsführer Marcel Kankarowitsch gehen. Hohn sprach von einem „respektablen Schritt der Verantwortungsübernahme“, Geld an den Ex-Chef sei nicht geflossen.

Nach dem Insolvenzverfahren summieren sich die Forderungen laut Plan auf nun 3,24 Millionen Euro – unter ihnen verteilt werden 680 000 Euro. Die Betroffenen – vom Finanzamt über die Arbeitsagentur bis hin zu einigen leitenden Mitarbeitern mit laut Hohn mehreren Hundert Euro Außenständen – bekommen ein Fünftel der ihnen zustehenden Summen wieder. „Das ist eine gute Quote“, sagte Insolvenzverwalter Brockdorf. Durchschnittlich würde lediglich eine Rückgabequote von fünf Prozent erzielt.

Nach der Rettung wird der Verein nun wesentlich kleinere Brötchen backen. Ihm erhalten bleiben zehn Kitas in Potsdam und dem Umland, dazu das Asylheim am Schlaatz samt einer Beratung für Migranten und die Telefonseelsorge. Sämtliche andere Beratungsangebote – etwa für Schuldner oder Familien – gehen an das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF), das in Potsdam unter anderem Kitas betreibt und dessen Chef der frühere Jugendamtsleiter Norbert Schweers ist. Therapeutische Angebote, etwa für psychisch Kranke, hat bereits das städtische Klinikum „Ernst von Bergmann“ übernommen, das jetzt auch ein früheres Diakonie-Begegnungszentrum in Werder betreibt. Die Stiftung SPI, die in Potsdam schon den Lindenpark vor der Insolvenz gerettet hat, ist nun für die Wildwuchs-Streetworker, das SV-Babelsberg-03-Fanprojekt sowie den Abenteuerspielplatz „Blauer Daumen“ am Stern zuständig. Es habe keine Entlassungen gegeben, sagte Hohn. Man konzentriere sich nun wieder auf die Kernkompetenzen der Diakonie, heißt es im Insolvenzplan. Verkauft wurde der einstige Hauptsitz des Vereins in der Mauerstraße 2 – für 800 000 Euro.

Zur weiteren Zukunft der Diakonie sagte Hohn, der Vorstand werde sich damit beschäftigen, dem Sozialträger eine neue Struktur zu geben. Überlegt würde etwa die Gründung von gemeinnützigen Tochtergesellschaften – ein übliches Konstrukt im Sozialwesen. Er wolle weiterhin als Vorstandsvorsitzender agieren, so Hohn: „Und ich danke den Gläubigern, dass sie dem Insolvenzplan zugestimmt haben – auch im Namen der Mitarbeiter.“

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