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Landeshauptstadt: Dichter dran

Sozialraumteam Schlaatz / Waldstadt zieht nach einem Jahr erstes Resümee

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Ein Drittel der insgesamt 200 Potsdamer Heimkinder kommen aus dem Sozialraum VI Waldstadt/Schlaatz. Jedes einzelne ist eine Niederlage für die sozialpädagogische Arbeit, weil man zu spät informiert wurde, zu spät das Problem erkannte. Um viel früher eingreifen zu können, verlegten vor einem Jahr Mitarbeiterinnen aus dem Jugendamt ihren Arbeitsplatz in die Waldstadt. Oberbürgermeister Jann Jakobs informierte sich gestern Nachmittag über die bisherige Arbeit des zehnköpfigen Teams.

„Hier sind wir dichter dran“, sagte Sozialraumteamleiterin Sabine Reisenweber. „Und werden auch von den Bewohnern nicht so sehr als Amt empfunden.“ In der Fachwelt spreche man von einem niederschwelligen Angebot: Waldstädter und Schlaatzer nähmen bereitwilliger die gebotene Hilfe an. Die vorherrschende Angst „Jugendamt gleich Kinder weg“ sei den Klienten genommen, resümiert die Leiterin die Erfahrungen im Team, das gleichzeitig Pilot für die Regionalisierung der Jugendhilfe ist.

Im kommenden Jahr würden zwei weitere Regionalteams für die Stern/Drewitz/Babelsberg sowie für die nördlichen Stadtteile und Mitte gebildet, erklärte Jugendamtsleiter Norbert Schweers. Damit sei gleichsam eine dreijährige Umbauphase abgeschlossen: Die drei klassischen Säulen Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), Kita/Jugendförderung und Haushalt/Wirtschaftliche Jugendhilfe, auf denen die Arbeit des Jugendamtes bisher fuße, würden aufgelöst.

Die „Versäulung“ sei eine starre Form, deren Auflösung eröffne neue Spielräume, erklärte Reisenweber. Noch flexibler werde die Arbeit, wenn die Sozialraumteams ab dem kommenden Jahr ihr eigenes Regionalbudget zu verwalten hätten. Die zehn Frauen im Ginsterweg verstehen sich vor allem als Fallanalysten und Koordinatoren. Dabei wolle man immer dann schon korrigierend eingreifen, „bevor die Fehlermeldung kommt“, so die Teamleiterin. Das sei allerdings der Idealfall. Vieles werde bekannt, wenn es eigentlich zu spät sei. Allerdings gebe es nach den öffentlich bekannt gewordenen Verwahrlosungsfällen der vergangenen Monate verstärkt Hinweise auf Kindesmissbrauch und -misshandlung aus der Bevölkerung. Insgesamt 40 gingen beim Sozialraumteam ein. „Wir gehen jedem Fall nach.“ Zurzeit betreuten sie rund 30 Familien durch unterschiedliche Maßnahmen. Bereits bei der Klientenanamnese werde festgelegt, ob eine einfache Begleitung ausreiche oder ambulante Hilfen zur Erziehung nötig seien. Dabei setzte man stark auf die Träger im Sozialraum – auch auf deren Ideen. „Wir wollen nicht der Impulsgeber sein – alle sollen gemeinsam an einer Problemlösung arbeiten“, betont Reisenweber. So hätten sich bereits die Potsdamer Betreuungshilfe und der Heimbetreiber EJF-Lazarus zum Projekt „Kontextbezogene Krisenintervention“ zusammengeschlossen. Kinder, „bei denen zu Hause nur Bambule ist“, würden für ein Vierteljahr aus der Familie genommen; sie könnten aber weiterhin in ihre Schule gehen, ihre Freunde sehen. Ebenfalls die Betreuungshilfe ist auch eine Kooperation mit dem Hanns-Eisler-Klub (HEK) in Trägerschaft des Breitband e.V. eingegangen. Am Wochenende, wenn es gehäuft zu Krisensituationen in den Familien käme, sei der HEK-Kinderclub seit neuestem geöffnet und biete Kindern, die Schutz vor Ärger suchten, eine betreute Gruppe an.

Interessanter Nebeneffekt: Durch solche Projekte und die entsprechende Förderung könnten sich Jugendclubs künftig selbst ihre Zukunft sichern, erklärte Schweers. Wegen des zu erwartenden Rückgangs der Jugendlichenzahlen bis 2010 plane die Verwaltung den Abbau von Sozialarbeiterstellen. Finden die Clubs Alternativangebote, könnten sie ihren Personalstamm halten. NIK

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