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Aus dem GERICHTSSAAL: Die 13-Jährige gab es nur in der Fantasie Bewährungsstrafe für psychisch Kranken

Oliver O.* (22) gab seinem Chatpartner „Winni 18“ in der Nacht zum 6.

Stand:

Oliver O.* (22) gab seinem Chatpartner „Winni 18“ in der Nacht zum 6. Mai 2013 ganz konkrete Anweisungen, wie er dessen vermeintlich neben ihm schlafende Schwester sexuell manipulieren soll. Spätere Ermittlungen ergaben allerdings, dass die 13-Jährige nur in der Fantasie von „Winni 18“ existierte. Dennoch musste sich der Potsdamer Oliver O. am Mittwoch wegen versuchter Verabredung zu einem Verbrechen vor dem Schöffengericht verantworten. Der Arbeitslose war geständig, die Vorsitzende Reinhild Ahle hatte keine Zeugen geladen. Nach knapp zweistündiger Verhandlung stand der Urteilsspruch fest: drei Monate Freiheitsstrafe wegen versuchter Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, ausgesetzt zu zweijähriger Bewährung. Da der Neunte-Klasse-Abgänger an Schizophrenie leidet, die Taten unter dem Einfluss starker Medikamente erfolgten, ging das Gericht zu seinen Gunsten von verminderter Schuldfähigkeit aus.

Eigentlich wollte er Sexgangstern, die im Internet ihr Unwesen treiben, das Handwerk legen, erzählte Oliver O. zu Prozessbeginn. Als er beim Chatten zufällig auf „Winni 18“ traf, der ihn fragte, ob er Interesse an Sex zwischen Tieren und Menschen habe, sei es zu dem folgenschweren Dialog gekommen. „Ich habe nicht wirklich geglaubt, dass die Schwester nackt neben ihm liegt. Ich habe mich beim Schreiben auch nicht sexuell erregt“, berichtete der Angeklagte. Außerdem stehe er nicht auf Kinder, sondern fotografiere leidenschaftlich gern Straßenbahnen und Busse. Seine Sammlung umfasse rund 600 Bilder von öffentlichen Verkehrsmitteln.

„Sie sollen ,Winni 18’ absichtlich provoziert haben, um ihn später bei der Polizei anzeigen zu können“, warf die Vorsitzende ein. „Sie fühlten sich in dem Moment offenbar wie ein kleiner Sittenwächter. Dabei waren Sie derjenige, der im Chat konkrete Anweisungen gegeben hat“, ergänzte Staatsanwältin Mareen Laggies. „Sie konnten nicht wissen, ob Ihre Forderungen nicht doch ausgeführt werden.“

„Der Chatpartner hat die Steilvorlage gegeben, auf die mein Mandant leider eingestiegen ist“, sagte Verteidigerin Verena Duchow. „Das war eine Dummheit“, räumte der Hartz-IV-Empfänger ein. Im Grunde könne er sich an den Chatverlauf gar nicht richtig erinnern. Durch offensichtlich zu hoch dosierte Medikamente habe er seinen Tagesablauf damals nicht mehr in den Griff gekriegt. „Ich habe alles stehen und liegen gelassen und nur noch geschlafen. Morgens habe ich mich gefühlt, als ob ich mich in der Nacht mit einem Regionalzug angelegt hätte.“ Irgendwann habe er die Tabletten abgesetzt, sich danach besser gefühlt. In psychotherapeutischer Behandlung sei er immer noch, so Oliver O. Und diese Therapie muss er laut Bewährungsauflage mindestens zwei Jahre lang fortsetzen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. (*Name geändert.) Hoga

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