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Von Peer Straube: Die Alte Post wird wieder aufgebaut

Bauausschuss votiert mehrheitlich für Ausschreibung des Pro-Potsdam-Grundstücks / Auch Linke dafür

Von Peer Straube

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Innenstadt - Georg Christian Ungers meisterliche Alte Post soll wieder das Stadtbild zieren. Mit überraschenden Mehrheitsverhältnissen votierte der Bauausschuss am Dienstagabend für einen Antrag der FDP, wonach das ehemals mit dem DDR-„Haus des Reisens“ bebaute Grundstück an der Ecke Friedrich-Ebert- und Yorckstraße mit dem Ziel ausgeschrieben werden soll, das Gebäude äußerlich mit Ungers Entwurf als Leitfassade wiederaufzubauen. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte, er könne sich diesen Weg vorstellen. Das Verfahren sei mit der Pro Potsdam abgesprochen.

Das Grundstück gehört bekanntlich der Pro Potsdam, die das „Haus des Reisens“ im letzten Jahr abreißen ließ und es mit einem Wohn- und Geschäftshaus in moderner Architektur bebauuen wollte. An dem Ursprungsentwurf des Berliner Architekten Jörg Schürmann hatte es jedoch so massive Kritik gegeben, dass er zweimal umgearbeitet werden musste. Übrig blieb – nach einem aufwendigen Workshopverfahren – eine Kompromissvariante. Diese sah vor, einer Glasfassade insgesamt 48 Betonlamellen vorzublenden, in die Ungers Fassade eingeätzt werden sollte. Doch diese Lösung stieß zunehmend auf Kritik. Die Bürgerinitiative „Mitteschön“ hatte bereits vor fast einem Jahr einen Kostenvoranschlag einer namhaften Berliner Baufirma vorgelegt, wonach Ungers Fassade bereits für knapp 320 000 Euro zu rekonstruieren wäre.

Schließlich machten die Liberalen den entscheidenden Vorstoß und forderten per Antrag die Aufnahme der Alten Post ins Leitbautenkonzept. Der Schauspieler und „Mitteschön“-Aktivist Jörg Hartmann brach im Bauausschuss eine Lanze für den FDP-Vorschlag. Das Leitbautenkonzept sei nur vollständig, wenn auch die Alte Post dazugehöre, sagte er. „Ganz intensiv“ habe das historische Haus in die Innenstadt „gestrahlt“. Der Bau sei etwas „ganz eigenes, typisch Potsdamerisches“ gewesen. Ohnehin bezweifle er, dass der moderne Bau mit seinen Betonlamellen und dem vielen Glas günstiger zu errichten sei als die alte Fassade, sagte Hartmann. „Leider“ habe sich die Pro Potsdam trotz Nachfrage nicht zu den Kosten des Schürmann-Entwurfs geäußert.

Im Bauausschuss fiel Hartmanns Plädoyer auf überraschend fruchtbaren Boden. Geradezu verblüffend verhielten sich – angesichts ihrer sonst zur Schau getragenen Skepsis gegenüber der Rückkehr von Historischem – die Linken. Ralf Jäkel stimmte dem FDP-Antrag zu; Brigitte Oldenburg, deren Zeit als Stadtverordnete Anfang März endet, enthielt sich zwar, verstieg sich jedoch zu ungewöhnlichen Äußerungen. Es sei „natürlich verführerisch, in Fortsetzung der anderen barocken Häuser in der Yorckstraße auch die Alte Post wiederzuerrichten“, sagte sie. Auch Steffen Pfrogner, sachkundiger Einwohner für die Linken, nannte den Aufbau der Alten Post „legitim, weil niemand mit dem Workshop-Ergebnis glücklich war“.

Auch SPD und Grüne sahen das so. Das Workshop-Ergebnis sei eine Variante gewesen, die mit dem Architekten verhandelt wurde, sagte der SPD-Stadtverordnete Harald Kümmel. „Wirklich toll“, habe den geätzten Unger niemand gefunden. Saskia Hüneke (Bündnisgrüne) strahlte ob des Votums über das ganze Gesicht. Ungers Alte Post sei „städtebaulich ganz außerordentlich“ gewesen. Dann sorgte Hüneke ihrerseits für eine verkehrte Welt, als die Historienverfechterin eine Lanze für die Moderne brach. „Wir müssen aufpassen, dass auch die Moderne eine Chance in der Mitte hat“, sagte Hüneke. Es müsse dafür gesorgt werden, dass für die Gebäude zwischen den einzelnen Leitfassaden „weniger starke Fesseln“ angelegt würden.

Bei der Pro Potsdam löste die Entscheidung des Bauausschusses gestern Verwunderung aus. Der Schürmann-Entwurf sei das gemeinsame Ergebnis eines Workshops, der „auf besonderen Wunsch und unter maßgeblicher Beteiligung des Bauausschusses durchgeführt wurde“, sagte Unternehmenssprecherin Kirstin Gebauer auf PNN-Nachfrage. 1,1 Millionen Euro seien bereits in das Projekt investiert worden – für Planung, Baufeldfreimachung und Workshop. Aufträge an Baufirmen seien aber noch nicht ergangen, sagte Gebauer. Der potenzielle Käufer müsse die investierten Kosten bezahlen, sagte Jakobs.

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