
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Die Beine verknotet
Es ist Potsdams ältester Breakdance-Wettbewerb: 68 Tänzer maßen sich beim „Survival Of The Skillest“
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Wie ein Kreisel dreht sich der junge Mann auf dem Parkett um sich selbst und lässt dabei die Beine durch die Luft fliegen. Zuerst auf den Händen, dann auf dem Rücken und schließlich auf dem Kopf rotiert er über den Boden – nur um plötzlich inne zu halten und seine Beine schräg in der Luft zu verknoten, während nur noch ein Arm den Boden berührt. Unter Applaus und Jubel verlässt der Tänzer den abgeklebten Bereich für den nächsten „B-Boy“, wie sich die männlichen Breakdancer gern nennen.
Es sind nur kleine Aufwärmübungen für den eigentlichen Wettkampf – den „Survival Of The Skillest“, Potsdams ältesten Breakdance-Wettbewerb, der am Wochenende zum siebten Mal im „Club 18“ stattfand. 68 Teilnehmer aus Deutschland, Polen und Tschechien traten in Dreierteams gegeneinander an. Es war gleichzeitig die erste Qualifikationsrunde für den bundesweiten Wettbewerb „Vita Cola Kingz Of The Circle“ – Finale ist am 21. September in Chemnitz.
Für beide Wettkämpfe sitzt der 28-jährige Timo Draheim in der Jury, Breakdance-Urgestein und Mitglied der Potsdamer Tanz-Crew „Die Kaputtmachers“. Mitte der 90er-Jahre entdeckte er sein Faible für die halsbrecherische Mischung aus Tanz und Akrobatik: „Ich sah das zum ersten Mal im Fernsehen, zum Beispiel in Videos der Band Run DMC. Ein Freund hat mich dann zu einem Kurs mitgenommen“, erzählt er. Seitdem habe ihn der Breakdance-Virus fest im Griff: „Ich hatte Spaß an der Herausforderung, immer neue Moves zu lernen“ – Moves, das sind die tänzerischen Kunststücke. Zum Beispiel Draheims Lieblingsmove, der „Ninety-Nine“, bei dem sich der Tänzer im einarmigen Handstand dabei bis zu 13-mal um die eigene Achse dreht.
Spektakuläre Verrenkungen zeigten auch die zwischen 15 und 30 Jahre alten Breaktänzer beim Wettbewerb im Club 18: Gerade hat sich „Carlito“ auf den Boden geworfen und lässt im Rhythmus der Hip-Hop-Beats seine Beine wie einen Hubschrauber in alle Richtungen sausen. Das Ganze funktioniert wie ein Frage-und-Antwort-Spiel: Die Tänzer tigern umeinander herum, weben spöttische oder provozierende Gesten in ihre Performance und versuchen auf das Solo des anderen noch einen draufzusetzen. Carlitos Konkurrent springt ihm mit einem Salto vor die Füße und hüpft anschließend durch Schlaufen aus seinen Beinen und Armen. Die Stimmung in der kleinen Halle ist gut, besonders kunstvolle Moves werden von den rund 200 Zuschauern mit Johlen und Klatschen belohnt. Nach zwei weiteren Durchläufen steht fest: Die Runde geht an Carlito.
Die meisten Solos dauern nur rund 30 Sekunden, denn Breakdancen ist enorm anstrengend, mit Verletzungen muss stets gerechnet werden: „Vor kleinen Wehwehchen wie Zerrungen oder Schürfwunden sollte man nicht zurückschrecken“, sagt Draheim, der sich selbst einmal einen Bänderriss zugezogen hat. Mit ausreichender Aufwärmung und viel Training lasse sich das vermeiden: „Ich selbst habe als Jugendlicher jeden Tag nach der Schule vier bis sechs Stunden trainiert, egal was war“, sagt Draheim. Besonders der Konkurrenzkampf zu der Potsdamer Breakdance-Crew „Rocking Skillz“ habe ihn immer wieder angespornt, besser zu werden. Die Mühen lohnten sich: Unter anderem war Draheim Deutscher Meister und dreimal Berliner Meister. Seit Langem arbeitet er auch mit der Potsdamer Tanzkompanie Oxymoron zusammen und wirkt bei Tanztheater-Projekten mit.
Viele schweißtreibende Battles gibt es noch an diesem Abend, erst gegen Mitternacht stehen die Sieger endgültig fest: Gewinner des mit 300 Euro dotierten „Survival Of The Skillest“ waren die Potsdamer „Kaputtmachers“, die sich gegen die „Pentifull Crew“ aus Prag durchsetzte.
Über Erfolge auf dem internationalen Parkett konnten sich am Wochenende auch die Potsdamer LeftfootRokkaZ freuen: Nur zwei Wochen nach dem siebten Platz bei den Weltmeisterschaften in Florida (PNN berichteten) gingen die 26 Tänzer bei den internationalen ECC Meisterschaften in Bottrop als Sieger von der Bühne, wie Trainer Sven Seeger am Montag wissen ließ. Damit stehe fest, dass die Potsdamer 2014 erneut zu den Weltmeisterschaften fahren können – gleichzeitig lösten sie damit das Ticket zu den Paris open im Herbst. Erik Wenk
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