Homepage: Die Brücke überquert
Nicht nur Deutsch gebüffelt: Der internationale Sommersprachkurs erkundete auch Potsdams Historie
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Nicht nur Deutsch gebüffelt: Der internationale Sommersprachkurs erkundete auch Potsdams Historie Von Mandy Schneider Ein heißer Nachmittag im August. Im Schatten sind es gut 30 Grad und in der Sonne ist es brütend heiß, was die 15 Teilnehmer des Stadtrundgangs allerdings nicht ab zu schrecken scheint, denn sie sind in bester Laune zum Treffpunkt erschienen. Zur Zeit nehmen sie zusammen mit 35 weiteren Sprachschülern an einem dreiwöchigen Sommersprachkurs der Universität Potsdam teil. Bei der heutigen Besichtigungstour wollen Sie die russische Kolonie Alexandrowka erkunden. Um 16 Uhr sollte es losgehen, doch erst nach langen zwanzig Minuten in der prallen Sonne treffen schließlich die Letzten ein. Die erste Station führt die internationale Gruppe in den russischen Teil Potsdams, die Alexandrowka. Der studentische Reiseführer Michael Adam erläutert die Entstehungsgeschichte der in Deutschland einzigartigen Siedlung und die Studenten lauschen aufmerksam. Ebenso starkes Interesse weckt der Schatten, den ein Apfelbaum auf den staubigen Sandweg wirft. Jeder versucht einen kleinen Teil davon zu erhaschen, um der Sonne für ein paar Sekunden zu entfliehen. Auffällig ist, dass vorwiegend russische Kursteilnehmer an diesem Nachmittag gekommen sind. Olga, Germanistikstudentin aus Sankt Petersburg, wischt sich den Schweiß von der Stirn und nennt den Grund: „Das ist ein wichtiger Teil der russischen Geschichte und daher für uns von besonderem Interesse.“ Potsdam gefalle ihr sehr gut, sagt sie. Sie liebe die Stadt, weil hier Natur und Geschichte harmonisch miteinander vereint werden. „In Petersburg ist es nicht so ruhig, alles ist viel hektischer und lauter. „Aber“, stöhnt sie „es ist mir zu heiß hier.“ Zu Hause sei es zu dieser Jahreszeit nur etwa 20 Grad warm. Sie hofft sich noch an die hohen Temperaturen zu gewöhnen. Die umstehenden Landsleute, Maria und Stanislaw nicken zustimmend. Am ehemaligen Aufseherhaus des russischen Viertels angekommen, muss Reiseführer Mühe seine Erläuterungen beenden, denn die Studenten fotografieren die etwa 170 Jahre alten Häuser eifrig aus allen möglichen Perspektiven. Nach dieser zehnminütigen Pause, geht es weiter zum im italienischen Stil erbauten Belvedere. Hier ist es etwas kühler und die Schweißperlen auf der Stirn sind bereits weniger geworden. Besuchen die Studenten keine Sehenswürdigkeiten, dann stehen Seminare, Vorlesungen, Übungen und Sprachausbildung auf dem Lehrplan der Sommersprachschule. Besonders interessant ist für Olga, Maria und Stanislaw die selbständige Arbeit an einem Projekt zu dem Thema „Die Spuren des Kalten Krieges“. Die drei Studierenden befassen sich darin mit der Geschichte der Glienicker Brücke. Die Ergebnisse ihrer Nachforschungen wollen sie später zum Abschluss des Kurses in einen Kolloquium gemeinsam mit den anderen Studierenden diskutieren. Der zwanzigjährigen Maria gefällt die Sprachausbildung besonders gut. Sie habe viel Neues gelernt und nur eines störe sie: „Wir haben meist lange Unterricht oder kehren von unseren Ausflügen erst spät zurück. Haben wir dann Freizeit, sind die Geschäfte bereits geschlossen.“ In ihrer Heimat gäbe es die Möglichkeit bis zehn Uhr abends oder noch später einkaufen zu gehen. Die ebenfalls aus Sankt Petersburg stammende Englischstudentin Nastja hat hingegen keine Probleme damit. „Ich habe schon eingekauft. Wir können uns die Freizeit selbst einteilen und müssen nicht an den Exkursionen teilnehmen. Außerdem habe ich Spaß an der Besichtigung von Schlössern und Gärten.“ Am Schloss Belvedere angekommen, werden sofort wieder die Fotoapparate und Digitalkameras gezückt. David aus den USA – der einzige männliche Teilnehmer der Exkursion – schwärmt, dass er bereits die Aussicht von da oben genossen habe und deutet auf die zwei Türme des Belvedere. David besucht Deutschland nicht zum ersten Mal. „Zu Beginn der achtziger Jahre habe ich einige Zeit im damaligen Westberlin studiert“, sagt er. Da sei er oft in der Nähe der Glienicker Brücke gewesen und habe nach Potsdam rübergeschaut. „Nur über die Brücke, zum anderen Ufer fahren, konnte ich nicht. Erst jetzt fast 25 Jahre später, habe ich die Brücke endlich überquert.“ Er bereitet sich gerade auf seine Professur für europäische Geschichte in Philadelphia vor. „Deutschland und speziell Potsdam nehmen in der Geschichte Europas eine herausragende Rolle ein“, stellt er fest. Ein bisschen schade findet er, dass nur zwei Kursteilnehmer in seinem Alter sind, aber trotzdem findet er die Reise „very good“. Nach etwa zwei Stunden ist schließlich mit dem Abstieg vom Pfingstberg das Ende der Geschichtsreise erreicht. Die Sonne neigt sich nun dem Horizont entgegen und der Wissensdurst der Studenten ist für heute erst einmal gestillt. Bleibt ein anderer Durst: Jetzt stehen kühle Getränke an.
Mandy Schneider
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