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Der Garnisonkirchturm wächst, die Streitigkeiten bleiben. 

© Ottmar Winter

Finanzierung der Garnisonkirche: Die eine Million reicht noch nicht

Ob die Stiftung Garnisonkirche weiter vom Bund gefördert wird, bleibt trotz neuem Geldsegen unklar. Auch am "Haus der Demokratie" gibt es Kritik. 

Potsdam - Knapp eine Million Euro mehr für die Stiftung Garnisonkirche: Diese Summe hat die Evangelische Landeskirche kürzlich für dieses und nächstes Jahr in Aussicht gestellt. Doch bedeutet der neue Geldsegen nicht automatisch, dass die Behörde von Kulturstaatsministerin (BKM) Claudia Roth (Grüne) nun weitere dringend benötigte 4,5 Millionen Euro für den Turmbau freigibt. Das machte ein BKM-Sprecher auf PNN-Anfrage deutlich. Zwar sagte er, dass die BKM die Ankündigung der Landeskirche, der Stiftung weitere Mittel für den laufenden Betrieb zur Verfügung zu stellen, positiv zur Kenntnis genommen habe. Doch der Förderantrag der Stiftung werde weiter geprüft. Eine Bewilligung erfolge nur, wenn „die zuwendungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen“, so der Sprecher.

Hier dürfte die BKM vermutlich genauer hinsehen als ihre Vorgängerin Monika Grütters (CDU), die bereits mehr als 20 Millionen Euro für den Hochbau genehmigt hatte. Die bisherige Unterstützung hatte für heftige Kritik des Bundesrechnungshofs gesorgt. Bekannt geworden war das Anfang Februar (PNN berichteten). So hatten die Rechnungsprüfer moniert, dass Fördermittel bewilligt wurden, ohne genau zu wissen, ob insgesamt ausreichend Geld für den Wiederaufbau bereitsteht. Daher hatte die BKM eine weitere Förderung an die „Sicherstellung der Gesamtfinanzierung der Maßnahme“ geknüpft. Der Rechnungshof hatte auch die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit der Stiftung für den Turmbetrieb angezweifelt – obwohl laut dem Förderbescheid des Bundes von 2017 die Stiftung den Betrieb des Turms nach der Errichtung „für mindestens 30 Jahre sicherstellen“ müsse.

Keine Dauerförderung

Dafür kann die Stiftung aber nicht unbedingt auf eine weitere Hilfe der Landeskirche (Ekbo) hoffen. Auf Anfrage sagte eine Sprecherin, die besagten knapp eine Million Euro seien ein „Einmalzuschuss“ für coronabedingte Ausfälle, die die Stiftung erlitten habe. Die Ekbo-Mittel für die Garnisonkirche dürften „auch nicht den Charakter der Dauerförderung haben“, so die Sprecherin.

Die Stiftung unter dem einflussreichen Kirchenmann und früheren Altbischof Wolfgang Huber selbst hatte zuletzt angekündigt, ihr Betriebskonzept für den Turm zu überarbeiten. Dieses soll dann einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer vorgelegt werden. Bisher hatte die Landeskirche direkte Zuschüsse an die Stiftung nur im kleineren Rahmen gewährt, dafür aber millionenschwere Kredite ausgegeben – die noch zurückgezahlt werden müssten.

Die BKM muss aber nicht nur über die Forderung der Stiftung Garnisonkirche nach mehr Geld entscheiden. Auch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hofft auf eine Bundesförderung für eine umfangreiche Machbarkeitsstudie zur Gestaltung des Turmumfeldes. Es geht um das Ensemble aus Turm, saniertem Rechenzentrum und einem „Haus der Demokratie“ mit einem Plenarsaal für die Stadtverordneten und der Geschichtsausstellung des Potsdam Museums. 

Diese Studie könnte mit 750.000 Euro finanziert werden, die die BKM für eine Machbarkeitsstudie zum – mittlerweile abgesagten – Bau des Kirchenschiffs bewilligt hatte. Bisher hatte die BKM erklärt, das Geld sei nur für das Kirchenschiff vorgesehen. Ob sich das ändern könnte, ließ der BKM-Sprecher offen. Schubert habe um Auskunft zu den Rahmenbedingungen für die Fördersumme gebeten, hieß es lediglich.

"Haus der Demokratie" noch gewollt?

Im Januar hatten die Stadtverordneten bekanntlich einen umstrittenen Beschluss für den Kompromiss gefällt – ohne jedoch über die angespannte finanzielle Lage der Stiftung informiert zu sein. Nun stellt sich die Frage: Ist das „Haus der Demokratie“ überhaupt noch gewollt? Zumindest bei den Kritikern des Wiederaufbaus wächst der Gegenwind gegen das Projekt, das Rathauschef Schubert zusammen mit der Stiftung und dem benachbarten Künstlerhaus Rechenzentrum ausgehandelt hatte. So erklärte der Publizist und Architekturprofessor Philipp Oswalt unlängst im Interview mit der „Märkischen Allgemeinen“, er halte den Plan für bedenklich. Es sei die Frage, ob man das Stadtparlament in einem „Haus der Demokratie“ instrumentalisiere, „um die Symbolik dieses Ortes zu retten“.

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Bekanntlich steht das Wiederaufbauprojekt wegen der Geschichte des einstigen Militärgotteshauses schon seit Jahren in der Kritik. Oswalt sagte, das Demokratiehaus stünde im Verhältnis zu den beiden anderen Bauten in der zweiten Reihe. Das sei für das Stadtparlament fragwürdig, „weil es keinen souveränen eigenen Ausdruck findet“. Wichtiger sei eine Schau über die Geschichte des Ortes. Das könne man kombinieren mit Räumen für demokratische Bürgerbeteiligung.

Aussichtsplattform statt Haube?

Auch die christlich geprägten Gegner des Wiederaufbaus wie die Martin-Niemöller-Stiftung sprachen zuletzt in einer Mitteilung nur noch von einem „möglichen Neubau“, dessen Funktion noch bestimmt werden müsse. Vielmehr müsse es nun um den Turm gehen. Hier forderten sie, die noch fehlende Haube nicht mehr aufzusetzen, es bei der Aussichtsplattform zu belassen: Diese Idee „spare viele Millionen, befriedigt die Wünsche derer, die die Silhouette des Barockbaus sehen wollen, und symbolisiert durch die Nicht-Vollendung die Kriegsursachen und Kriegsfolgen“. Die Stiftung müsse sich neu formieren, auch Kritiker des Baus sollten in ihrem Kuratorium mitentscheiden können, hieß es.

Und so ist vieles in diesem Dauerkonflikt in der Potsdamer Stadtgesellschaft in Bewegung, auch in der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, deren Chef Matthias Dombert den Schubert-Kompromiss mitverhandelt hatte. Doch Befürworter eines originalgetreuen, aber vermutlich kaum finanzierbaren Kirchenschiffs haben ihm deswegen Verrat vorgeworfen – und fordern seine Abwahl. Eine im Januar coronabedingt abgesagte Mitgliederversammlung soll nun am 30. April stattfinden.

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