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60 Jahre SOS-Kinderdörfer: Die Erbschaft für die Kinder

60 Jahre SOS-Kinderdörfer: Der Verein dankt Potsdamer Spendern

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Die vierjährige Naima aus Mosambik hat keinen leichten Start ins Leben gehabt: Ihre Mutter war früh verstorben, ihr Vater überfordert. So kam das Mädchen in eines der weltweit über 500 SOS-Kinderdörfer, wo sie von einer zweiten Familie aufgenommen wurde. Unterstützung erfährt sie auch aus Deutschland: Seit zwei Jahren hat die Potsdamerin Mildred Günther eine Patenschaft für Naima übernommen. „Es ist mir wichtig, etwas Gutes zu tun und das Land und die Familien dort zu unterstützen“, sagt die 37-jährige Stuhlflechterin aus Potsdam über ihr Engagement.

Günther zählte zu den rund 150 Gästen, die am gestrigen Mittwoch anlässlich des 60. Jubiläums des SOS-Kinderdorf e.V. an einem Festakt der wohltätigen Organisation im Potsdam Museum teilnahmen. Seit 1955 bestehen die Kinderdörfer, deren Mitarbeiter praktisch als Mütter und Väter benachteiligte und vernachlässigte Kinder und Jugendliche wie ihre eigenen Kinder aufnehmen. Dazu ist die Organisation auf Spenden angewiesen: „Ohne sie wäre unsere Arbeit gar nicht möglich“, dankte Margrit Spielmann vom Verwaltungsrat des Vereins den 13 000 Potsdamer Spendern, Paten und ehrenamtlichen Helfern.

Auch eine der langjährigsten Spenderinnen aus Potsdam war an diesem Abend anwesend: Die 88-jährige Agnes Kaiser hat sofort nach der Wende angefangen, für die Kinderdörfer zu spenden: „Vorher, in der DDR, war das ja gar nicht möglich“, sagt die Babelsbergerin. „Diese Einrichtung hatte mich beeindruckt und ich fand, es lohnt sich dafür zu spenden.“

Einmal verhalf sie dem SOS-Kinderdorf e.V. sogar zu einer Großspende: „Eine Bekannte aus meiner Gemeinde hatte viel Geld von einem älteren Herrn geerbt, den sie gepflegt hatte. Der hatte zu ihr gesagt: ,Tu etwas Gutes damit!’“ Da die Erbin nicht wusste, wofür sie das Geld ausgeben sollte, empfahl Kaiser ihr den SOS-Kinderdorf e.V. – der konnte sich daraufhin über einen Geldregen von 45 000 Euro freuen. Kaiser ist sehr aktiv, was das Spenden angeht: „Ich spende für verschiedene Organisationen, unter anderem habe ich einmal ein Kinderkrankenhaus in Palästina unterstützt.“

Die Potsdamerin war auch bei der Eröffnung des ersten SOS-Kinderdorfes in Ostdeutschland dabei: Das steht in Brandenburg an der Havel und nahm seinen Betrieb 1996 auf. Kinderdorf-Mutter Kerstin Kelch ist seit Anbeginn mit dabei und erzählt vom Familien-Alltag mit ihren derzeit sechs Kindern: „Als ich einmal am 23. Dezember den Weihnachtsbaum in die Wohnung holte, fragte mich ein Junge, der kurz zuvor zu uns gekommen war: ,Warum stellst du einen Baum ins Zimmer?’ Das kannte er aus seiner Familie gar nicht.“

Viele Kinder lernen erst in den Kinderdörfern funktionierende Familien mit festen Strukturen kennen, manche haben zuvor sehr negative Erfahrungen machen müssen: „Einmal kam ein kleiner Junge zu uns, der quasi nur mit dem Hund aufgewachsen war“, sagt die Erzieherin Nicole Uchdorf, die seit zwei Jahren im Kinderdorf in Brandenburg an der Havel arbeitet. „Er konnte kaum reden und hat auch heute noch Schwierigkeiten beim Sprechen. Aber schon nach einiger Zeit bei uns wurde er jedermanns Liebling, hatte eine total offene, liebevolle Art und kam bei allen gut an.“

Mildred Günther hofft, dass sich auch ihr Patenkind gut entwickeln wird. Über Briefe und Fotos erfährt sie, wie sich Naima entwickelt: „Darin steht zum Beispiel, was sie gerne macht oder was zuletzt im Kinderdorf so passiert ist.“ Günther freut sich schon auf die ersten selbstgeschriebenen Briefe von Naima. Ihr Traum ist, ihr Patenkind irgendwann auch einmal persönlich zu besuchen. Monatlich zahlt sie 31 Euro an den Verein, zu Geburtstagen und zu Weihnachten überweist sie zusätzlich Geld für ein Sonderkonto, auf das Naima zugreifen kann, wenn sie 18 Jahre alt ist. „Das kann sie dann nutzen, wenn sie selbst arbeitet oder studiert und eine eigene Wohnung sucht“, sagt Günther. Erik Wenk

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