Landeshauptstadt: Die Eroberung der Mitte: Potsdam hat sein Stadtfest gefunden
Die 1. Erlebnisnacht in der City war ein voller Erfolg – bis weit nach Mitternacht feierte die Stadt
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Die 1. Erlebnisnacht in der City war ein voller Erfolg – bis weit nach Mitternacht feierte die Stadt Innenstadt - Die Ellenbogengesellschaft lebte! Denn ohne Einsatz jener Körperteile war es unmöglich, am vergangenen Samstagabend durch die Menschenmassen in der Innenstadt zu kommen. Kurz nach 22 Uhr: Die Brandenburger Straße gleicht einem Ameisenhaufen, der Ansturm von Kaufwilligen und Schaufensterbummlern im Karstadt-Stadtpalais erinnert an beste Zeiten des Sommerschlussverkaufs. Ob Mittelstraße, Nauener Tor, Luisenplatz oder Gutenbergstraße – die Luft „brannte“. Die 1. Potsdamer Erlebnisnacht „Potsdam mittendrin“ war ein Event, auf das Einwohner und Besucher offenbar sehnsüchtig gewartet haben. Weder Veranstalter noch Polizei wollten offizielle Schätzungen zu Besucherzahlen herausgeben. Dem subjektiven Gefühl von Händlern, Künstlern und Gästen nach waren es jedoch weit mehr als die anvisierten 20 000 Besucher. Am späten Sonnabendnachmittag fiel der offizielle Startschuss am Nauener Tor. Bereits zu diesem Zeitpunkt tönte Live-Musik aus Kneipen und Restaurants, bummelten Tausende durch die Läden und bewunderten die kreativen Aktionen der Händler: Lebendige Schaufensterpuppen in der Boutique Le Charme, italienischer Sopranistengesang bei Karin Genrich oder die Kletterwand vor Intersport waren Anziehungspunkte. Einer der Erlebnisnacht-Initiatoren Jörn Rhode, Betreiber des „Hafthorn“ blieb am frühen Abend bescheiden: „Das ist unsere erste Übung. Wir sind optimistisch, die Frequenz auf den Straßen ist schon höher als sonst.“ Und sie sollte in den nächsten Stunden stetig steigen. Der Abend ist zum Feiern da, dieser Samstagabend war auch zum Einkaufen da. Die rund 220 Geschäfte, die aufgrund der städtischen Sondergenehmigung bis Mitternacht geöffnet hatten, zogen bei stichprobenartigen Umfragen durchweg ein positives Fazit. Karstadt-Stadtpalais-Chef Harald Kirchfeld dankte den Initiatoren Rohde und Ralf Hildebrandt von der „Hohlen Birne“ kurz und knapp mit „Mein Kompliment!“ Laut der Koordinatorin der AG Innenstadt, Bärbel Schälicke, war man bei Karstadt ebenso mit den Umsatzzahlen zufrieden wie bei Intersport-Olympia. Die Modeexpertin Karin Genrich strahlte: „Endlich mal keine Buden vor den Schaufenstern. Und wir haben bewiesen: Wir können, wenn wir wollen!“ Denn erstmals hatten sich auf die Initiative von Rhode und Hildebrandt Handel, Gastronomie und Hotellerie der Innenstadt zusammengetan. Nur wenige Geschäfte, darunter die H&M-Filiale, beteiligten sich nicht. Auch im Holländischen Viertel schlossen einige Ladenbesitzer pünktlich um 20 Uhr. „Schade“, sagte dazu Hans Göbel vom Förderverein zur Pflege niederländischer Kultur in Potsdam e.V.. „Doch viele warten erst einmal ab, wie sich das neue Fest etabliert.“ Dafür waberten in den Straßen des Holländerviertels dank der Kneipiers verschiedenste Musikfetzen durch die mediterran temperierte Abendluft. Rockklassiker begeisterten vor der „Hohlen Birne“, DJ-Sounds wummerten an der Milieu-Gaststätte „La Leander“ und unweit davon, im „Starstecher“, war der Innenhof dank der Potsdamer Kulttruppe „Big Beat Boys“ brechend voll. Im „Hillmanns“, der Kneipe des Big Beat Boys-Frontmanns Holger Hillmann am Rande des Holländischen Viertels lud deutscher Schlager zum Verweilen ein. Bunt das Programm zwischen Bassin- und Luisenplatz: Feuershows am Nauener Tor und Soul von Troy Affleck begeisterten ganz Jung bis ganz Alt. „Wir sind extra aus Stahnsdorf her gekommen“, sagte Detlef Fischer, der mit seinem Sohn Lukas auf den Treppenstufen am Nauener Tor der Musik lauschte und leise mitsang. Musik und Atmosphäre ließen auch den zweijährigen Filius nicht unbeeindruckt, er tanzte an Papas Seite mit. Auf der Dortustraße, vor der „Bar Gelb“, wurde zu Salsa und Merengue getanzt. Härtere Klänge ließen die Leiber auf dem Luisenplatz zucken. „Madstop“ rockten das Areal, „Major Tom & The Crashpilots“ bliesen den Zuhörern danach Rock’n’Roll, Funk und Reggae um die Ohren. Selbst das Potsdam-Museum wollte bei der Premiere der Erlebnisnacht nicht fehlen und öffnete seine Tore bis Mitternacht. Den besten Überblick hatten die Gäste des Dachrestaurants Doreamus, die bei Jazzmusik dem Trubel aus lichter Höhe zuschauten. Jörn Rhode war am späten Abend erschöpft, aber glücklich über die gelungene „Übung“ Erlebnisnacht. „Der Besucherzuspruch zeigt, Potsdam hat Sehnsucht nach solchen Veranstaltungen.“ Gleichzeitig entschuldigte er sich wegen des Lärms bei Anwohnern, die sich gestört fühlten. „Aber solche Events braucht die Stadt“, ist sich Rohde sicher. Was die Stadtverwaltung ebenso sieht. „Wir haben die Veranstaltung unterstützt, wie wir nur konnten“, so Sigrid Sommer, Bereichsleiterin Marketing und Kommunikation. „Es wurde alles genehmigt, was genehmigungsfähig war.“ Rohde bestätigt: „Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung lief reibungslos.“ Sigrid Sommer: „Es ist ja auch eine tolle Idee, gerade im Themenjahr ,Lebendige Stadt’.“ Viele Potsdamer erklärten: „Das ist unser Stadtfest.“ Und schon wird mit Hochdruck an der 2. Erlebnisnacht gearbeitet, die am 29. Juli 2006 steigen soll. Derzeit werden bereits Verhandlungen mit der berühmten Seiltänzer-Familie Traber geführt. Außerdem gibt es Gespräche mit der Architektenkammer, 2006 die Innenhöfe im Holländischen Viertel begehbar zu machen.
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