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PNN-Serie zu Flüchtlingshelfern in Potsdam: Die ersten Worte

„Es gibt ein helles Deutschland, das sich leuchtend darstellt“, sagt Bundespräsident Joachim Gauck über die Helfer, die sich in diesen Tagen für Flüchtlinge einsetzen. Auch in Potsdam geben viele Freiwillige ihr Bestes. Wir stellen jede Woche ein Beispiel vor, aufgezeichnet von Katharina Wiechers. Heute: Alexandra Rodríguez Valenzuela.

Von Katharina Wiechers

Stand:

Ich hatte mir schon länger vorgenommen, mich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Als dann Anfang September über Nacht per SMS und Facebook bekannt wurde, dass in der Heinrich-Mann-Allee eine Erstaufnahmeeinrichtung (HMA) für Geflüchtete entsteht, bin ich dem Aufruf gefolgt, dort zu helfen. Am nächsten Abend wurden bis in die Nacht Feldbetten aufgebaut und bereits binnen weniger Stunden war die erste Spendenkammer gefüllt.

Ich war sehr beeindruckt von dem Engagement der vielen Helfer, der guten Zusammenarbeit und von den auf Ehrenamt basierenden, gut funktionierenden Strukturen. Die nächsten Wochen habe ich bei den Spendenannahmen und in der Küche geholfen. Während dieser Zeit haben sich draußen oder im Kantinenzelt kleine Gruppen meist spontan zum Deutschlernen zusammengefunden. Es wurde viel improvisiert und dennoch konnte man sehen, dass dieses Deutschangebot von den Bewohnern sehr dankbar angenommen wurde. Ich wollte dieses Engagement zusammenbringen und wusste von einigen interessierten Lehrern, dass sie vergeblich nach einer Möglichkeit zum Unterrichten gesucht hatten. Ich traf auf eine andere ehrenamtlich Engagierte, die bereits einen Raum mit einem Sammelsurium von Tischen und Stühlen sowie einem Whiteboard ausgestattet hatte. Ein erstes Treffen fand statt und schnell wuchs unsere Gruppe von Deutschlehrern.

Mittlerweile sind wir in der HMA über 20 aktive, ehrenamtliche Deutschlehrer und Deutschlehrerinnen, sodass wir jeden Tag parallel mehrere Deutschkurse am Vor- und Nachmittag anbieten können. Uns stehen drei Unterrichtsräume mit Stühlen, Tischen und Tafeln zur Verfügung. Dank zahlreicher Spenden sind unsere Schränke zurzeit gut mit Wörterbüchern, Schreibblöcken und Stiften gefüllt. Um den Geflüchteten Material mitgeben zu können und unseren Unterricht besser zu strukturieren, haben wir ein Deutschheft auf Farsi, Arabisch, Englisch und Französisch entworfen. Diese haben wir mit Hilfe von Spendengeldern in sehr hoher Auflage vervielfältigt, um jeden Teilnehmer damit auszustatten. Die ehrenamtliche Arbeit in der HMA gestaltet sich von Woche zu Woche sehr unterschiedlich. Kamen anfangs nur junge Männer zum Unterricht, sind es jetzt mehr Familien mit Kindern. Vor Weihnachten waren es oft bis zu 50 Geflüchtete im Unterricht. Im Optimalfall sind vier bis fünf Lehrer vor Ort und können spontan die Gruppen in unterschiedliche Niveaustufen einteilen. Unter den Lehrern sind einige ausgebildete beziehungsweise pensionierte Lehrer dabei, ansonsten unterrichten die unterschiedlichsten Berufsgruppen – angefangen vom Student über die Yogalehrerin bis zum Anwalt.

Ich selbst bin Klavierlehrerin an der Städtischen Musikschule J. S. Bach sowie Dozentin für Klavier an der Universität Potsdam. Unser gesamtes Deutsch-Team hat eine für mich faszinierende Eigendynamik entwickelt. So unterschiedlich wir sind, umso vielfältiger sind die Ideen und deren Umsetzungen weit über den Deutschunterricht hinaus, also zum Beispiel Akquirierung von Spenden, die Unterstützung durch Geschenke und musikalische Beiträge bei Festen oder handwerkliche Tätigkeiten. Es ist für uns eine große Herausforderung, mit der großen Fluktuation, die wir in der HMA haben, umzugehen. Durch die neuen Leichtbauhallen auf dem Gelände werden rund 1000 Bewohner erwartet, die meist nur wenige Wochen bleiben werden. Somit müssen wir oft wieder von vorne anfangen und uns sehr flexibel auf jede neue Situation einstellen. Bei unserem Deutschangebot geht es natürlich auch um ein erstes Willkommenheißen und um ein gegenseitiges Kennenlernen. Ich denke, so kann Integration auf beiden Seiten schrittweise geschehen.

Heute berichtet Alexandra Rodríguez Valenzuela, 31. Sie koordiniert den Deutschunterricht für Flüchtlinge in der Heinrich-Mann-Allee. Sind Sie auch in der Flüchtlingshilfe aktiv oder kennen Sie jemanden, den wir hier vorstellen sollten? Schicken Sie uns eine E-Mail an: potsdam@pnn.de.

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