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Von Michael Meyer: Die Fahnenträgerin

Katrin Wagner-Augustin paddelte in Peking zu Olympia-Gold und -Bronze und will Trainerin werden

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Auch gestern Vormittag, im kalten Nieselregen, war Katrin Wagner-Augustin im schmalen Kajak auf der Havel unterwegs. „Die ist ja noch nicht zugefroren“, meinte die 31-Jährige lapidar – und war doch froh, vor dem einsetzenden Schneetreiben wieder im Trockenen zu sein. Weltklasse-Paddler werden im Winter geformt – deshalb trainiert die Olympiasiegerin des KC Potsdam im OSC bereits für 2009. Bei den Weltmeisterschaften im nächsten Jahr im kanadischen Dartmouth will Wagner-Augustin, die 2006 „Brandenburgs Sportlerin des Jahres“ war und auch zu den diesjährigen Umfrage-Kandidaten zählt, erneut um internationale Meriten paddeln. „Dort würde sich ein Kreis schließen, denn dort bin ich 1997 erstmals Weltmeisterin geworden“, sagt die Rennkanutin, die aber auch die nächsten Olympischen Spiele 2012 in London ausdrücklich nicht ausschließt.

Das Jahr 2008 wird Katrin Wagner-Augustin so schnell nicht vergessen. „Das war ein turbulentes und sehr erfolgreiches Jahr für mich“, blickt sie zurück. „Turbulent, weil es mehrmals Umbesetzungen in unserem Vierer gab, erfolgreich natürlich wegen meiner beiden Olympia-Medaillen.“ In Peking gewann sie mit dem Doppelvierer Gold und im Einer Bronze jeweils über 500 Meter. Nach dem Triumph mit dem Vierer vergoss sie bei der Siegerehrung viele Tränen. „Ich habe halt nahe am Wasser gebaut, und es fällt viel Ballast von einem ab, wenn im Finale in anderthalb Minuten die Belohnung für die Anstrengungen in den letzten vier Jahren abgeholt werden kann“, erinnert sich Wagner-Augustin. Bronze im K1 war für sie „mehr als nur eine Ergänzung. Schließlich war das für mich die erste richtige Einer-Medaille. Die ist mir so wichtig wie Gold.“ Mit vier Olympiasiegen und fünf Weltmeistertiteln ist sie nun Deutschlands zweiterfolgreichste Paddlerin aller Zeiten.

Die Olympiamannschafts-Leitung würdigte dies, indem sie Katrin Wagner-Augustin zur deutschen Fahnenträgerin bei der Abschlussfeier in Peking ernannte. „Das war echt genial und eine große Auszeichnung für mich“, erinnert sich die Potsdamerin an ihren Einmarsch mit dem schwarz- rot-goldenen Banner in der Hand ins Pekinger Nationalstadion. Patriotischer als sonst habe sie sich dabei allerdings nicht gefühlt. „Wenn man bei der Siegerehrung die Nationalhymne hört, ist das schon bewegend“, meint sie. „Aber sonst sehe ich das ganz entspannt.“

Aus Peking flog Wagner-Augustin mit der gesamten Kanu-Flotte zu den Deutschen Meisterschaften nach München, um sich aber nur wenige Tage später mit einer starken Erkältung anderthalb Wochen ins Bett zu legen. „Anschließend folgten Empfänge, Empfänge, Empfänge“, sagt sie. Das ging bis diese Woche so. Am Montag hatte Verteidigungsminister Franz Josef Jung geladen, am Donnerstag verlieh Bundespräsident Horst Köhler allen Olympia-Medaillengewinnern das „Silberne Lorbeerblatt“. Urlaub hatten Katrin und ihr Mann Lars Augustin nur eine Woche in Ägypten mit Nichte Anne-Katrin und den Neffen Domenic und Benedict. Obwohl: „Es war sehr schön, aber Urlaub war es nicht“, gesteht die Paddlerin.

Die aber ein großes Herz für Kinder hat und erst in dieser Woche einer gekenterten Kanu-Elevin aus dem kalten Havelwasser half. In den nächsten Monaten will die Arzthelferin und Sportsoldatin, die jetzt ein Studium (Innenarchitektur und Raumgestaltung) abschloss, ihre B-Trainer- Ausbildung beginnen. „Ja, mir schwebt später eine Trainertätigkeit vor“, erklärt sie. „Es wäre doch schade, wenn ich dann meine Erfahrungen nicht weitergeben würde.“ Jetzt aber trainiert sie erst einmal für 2009.

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