Landeshauptstadt: Die Fassade ist noch da
Schlösserstiftung legt Konzept für Stadtschloss vor
Stand:
Innenstadt - Beim Bau des neuen Landtages können ganze Fassaden des 1958 gesprengten Potsdamer Stadtschlosses im Original verwendet werden. Das geht aus einem Restaurierungskonzept hervor, das die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gestern im Internet veröffentlich hat. Danach sind die Marktfassaden des westlichen und östlichen Seitenflügels fast vollständig erhalten, ebenso zwei Fassadenaufrisse des Innenhofs.
Dass beim Landtagsneubau „möglichst alle“ noch erhaltenen Originalteile des Knobelsdorffbaus verwendet werden sollen, hatten am Donnerstag Finanzminister Rainer Speer (SPD) und der Chef des Bundes der Architekten (BDA) Kaspar Kraemer, Vorsitzender der Fachjury für das Projekt, angekündigt. Möglich wird der Landtagsneubau mit historischer Schlossfassade durch eine 20-Millionen-Euro-Spende des SAP-Gründers Hasso Plattner an das Land Brandenburg. Baustart für den Landtag soll im Herbst 2009 sein; die sechs am Vergabeverfahren beteiligten Konsortien sollen bis Sommer 2008 ihre Entwürfe überarbeiten.
Bei der Schlösserstiftung werden rund 600 teilweise sehr große Originalskulpturen und Fragmente aufbewahrt, 2000 kleinere Stadtschloss-Teile lagern beim Potsdamer Denkmalamt. Experten der Stiftung haben den Bestand katalogisiert, für jede Skulptur werden in dem 84-Seiten-Konzept detaillierte Restaurierungsempfehlungen gegeben. Von den ehemals 76 Attikaskulpturen seien 17 als ganze Figuren erhalten, von 18 weiteren gebe es Fragmente. Da bisher nur die Außenfassade des Schlosses rekonstruiert werden solle, könnten Skulpturen der Innenseiten für dort verwendet werden. Damit könnten die Ostseite des Baus sowie die Westseite der Südhälfte fast vollständig mit Attikafiguren ausgestattet werden. Aus den Innenräumen des Schlosses bewahrt die Stiftung vier Marmoratlanten und acht Bronzereliefs sowie drei Bronzesupraporten (über Türen angebrachte Gemälde oder Reliefs) aus dem großen Saal auf. Die Experten sprechen sich dafür aus, die acht Stadtschloss-Skulpturen, die auf der Berliner Humboldt-Universität stehen, nach Potsdam zurückzuholen – sie seien Leihgaben der Schlösserstiftung.
Die Stiftung hoffe, dass mit der Plattner-Spende alle Skulpturen und der Fassadenschmuck restauriert werden und an seinen Standort zurückkehren könne, hieß es gestern in einer Mitteilung. Skulpturen, die nicht mehr vollständig erhalten seien, sollten in Sandstein nachgebildet werden, ebenso die 76 Vasen, die die Attika krönten. Dafür würden „erfahrene und fähige Modelleure und Bildhauer“ gebraucht, so das Konzept.
Unterdessen hat die Brandenburgische Architektenkammer das Land aufgefordert, den Bau des Landtages neu auszuschreiben. Das Verfahren der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP), bei dem die sechs Konsortien größtenteils moderne Entwürfe vorgelegt haben, die nun „nicht im Handstreich“ überarbeitet werden könnten, sei nach der Plattner-Spende nicht mehr geeignet, so Architektenkammer-Präsident Bernhard Schuster. Er beklagte, dass „demokratische Entscheidungsabläufe“ es nicht vermocht hätten, einen „stabilen Konsens“ zur Gestalt des Landtagsneubaus zu erreichen. Plattner habe mit seiner Millionen-Spende diese Entscheidung „abgenommen“.
Unterdessen forderten SPD-Fraktionschef Mike Schubert und der CDU-Kreischef Wieland Niekisch die Stadt auf, den Vereinen Mitteschön und Potsdamer Stadtschloss kostenfrei Räume im Alten Rathaus zur Verfügung zu stellen. Dort sollten Spenden gesammelt werden. Mitteschön kündigte gestern an, sich am 10. Dezember ab 19 Uhr mit einer Kerzen-Aktion bei Plattner für seine Spende zu bedanken. Auch seien die Vereine mit einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße zu finden. SCH
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: