Landeshauptstadt: Die fehlende Erinnerung
Gedenken an den Widerständler Hermann Maaß im Beisein seiner Tochter Gerda von Voss
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Gedenken an den Widerständler Hermann Maaß im Beisein seiner Tochter Gerda von Voss Bis heute weiß Gerda von Voss, geborene Maaß, nicht wo und ob überhaupt ihr Vater Hermann Maaß ein Grab hat. Gerade einmal neun Monate war sie alt, als ihr Vater am 20. Oktober 1944 als Widerständler des 20. Juli in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde. Wie oft habe sie ihre fünf älteren Geschwister darum beneidet, dass diese sich noch an ihre Eltern erinnern können, erklärte Gerda von Voss gestern, im Beisein von Kulturministerin Johanna Wanka und dem Landtagsabgeordneten Wieland Niekisch, bei der Gedenkveranstaltung für ihren Vater vor dem Elternhaus in der Hermann-Maaß-Straße 37 in Babelsberg. Doch bald sei ihr bewusst geworden, dass diese Erinnerungen vielleicht noch schwerer wiegen, als ihre fehlende Erinnerung. Mit dem Gewerkschafter und Sozialdemokraten Hermann Maaß ehrte die Potsdamer CDU in diesem Jahr einen Mann des Widerstandes der, wie ihn Bernhard R. Kroener in seinem einführenden Vortrag vor den etwa 50 Gästen nannte, einer der vielen aber umso wichtigeren „Verbindungsmänner“ des 20. Juli war. Für Kroener, Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam und Professor für Militärgeschichte, war Maaß zwar kein großer und bekannter Mann des Widerstandes gegen Hitler wie beispielsweise Staufenberg oder Moltke. Doch weil Maaß Kontakte knüpfte und so die Verbindungen zwischen den verschiedenen Widerständlern erst ermöglichte, sei seine Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Hermann Maaß, der sich schon 1933 gegen die Nationalsozialisten stellte, die freien gewerkschaftlichen Widerstandszellen organisierte und bis zum Kriegsbeginn deswegen mehrmals inhaftiert wurde, empfing in seinem Haus in Babelsberg mit Stauffenberg, Moltke und Graf von Schwerin von Schwanefeld die führenden Offiziere des Widerstandes. Zwar blieb er den adligen Offizieren gegenüber skeptisch, doch ließ der bekennende Sozialist nichts unversucht, die Militärs auf der einen und die sozialdemokratisch Gesinnten auf der anderen Seite im Kampf gegen Hitler zusammen zu bringen. Doch am stärksten beeindruckte Kroener die Entscheidung von Hermann Maaß, sich trotz seiner sechs Kinder dem Widerstand zu verpflichten, wohlwissend, welcher Gefahr er sich und auch seine Familie aussetzte. Für Gerda von Voss ist der Verlust ihrer Eltern, die Mutter Eva Maaß starb nur fünf Wochen nach ihrem Mann durch Krankheit und Entkräftung, ein „Trauma bis heute“. Jahrelang habe sie nicht akzeptieren können, dass ihre Eltern tot sind. Erst im Alter von 12 Jahren begann bei ihr die bewusste Auseinandersetzung mit diesem Tod. Verheiratet mit Hubertus von Voss, dessen Vater ebenfalls als Widerständler des 20. Juli hingerichtet wurde, lebt die zweifache Mutter heute in München und ist noch immer damit beschäftigt, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Als Heilpädagogin behandelt sie Kinder und deren Familien, die wie sie, durch ein einschneidendes Erlebnis traumatisiert sind. Dirk Becker
Dirk Becker
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