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Landeshauptstadt: Die Fenstergitter werden wieder anmontiert Götzmann: Entscheidung ist Teil des Gedenkstättenkonzeptes /

Ausstellung über Zeit als NS-Erbgesundheitsgericht soll 2012 eröffnet werden

Von Peer Straube

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Innenstadt - Das frühere Stasi-Gefängnis in der Lindenstraße 54/55 bekommt seine Fenstergitter zurück. Das sagte Jutta Götzmann, Chefin des Potsdam-Museums, gestern auf PNN-Anfrage. Die kommunale Einrichtung ist Träger der Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Knast. Alle Gitter, die an der Fassade des Vorderhauses für die Sanierung des Gebäudes entfernt wurden, sollen wieder anmontiert werden, erklärte Götzmann.

Diese Entscheidung sei Teil des neuen Gedenkkonzeptes, das Mitarbeiter des Museums, Vertreter der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54, des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), des Landesamtes für Denkmalpflege, der städtischen Denkmalpflege und der kommunalen Immobilienverwaltung in den vergangenen Monaten erarbeitet haben, erklärte Götzmann. Das Konzept liege dem Landesdenkmalamt seit wenigen Tagen zur Begutachtung vor: Wenn es abgesegnet sei, könnten die Fenstergitter wieder angebracht werden.

Von den insgesamt zwölf Gittern hatte die Stadtverwaltung nach der Sanierung der Fassade nur drei wieder anbringen lassen, was eine Welle von Protesten ausgelöst hatte. ZZF-Historiker, Wissenschaftler und Brandenburgs Diktatur-Beauftragte Ulrike Poppe hatten das Rathaus Ende Oktober aufgefordert, die Gitter „unverzüglich wieder anbringen“ zu lassen. In einer gemeinsamen Resolution an die Stadtverwaltung und Brandenburgs rot-rote Landesregierung hatten sie erklärt, es sei nicht akzeptabel, dass „der Charakter des Gebäudes als Ort der Erinnerung an die politische Repression in der DDR beeinträchtigt“ werde.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte daraufhin eingelenkt und einen Workshop einberufen, der den Konflikt beilegen sollte. In dessen Ergebnis wurde entschieden, ein neues Gedenkkonzept für das Haus in der Lindenstraße 54/55 zu erarbeiten.

Dessen Geschichte ist bekanntlich vielfältig. 1809 fand dort die erste Sitzung der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung statt, mit dem „Dritten Reich“ begannen die dunklen Kapitel seiner Historie. Die Nazis nutzten das Gebäude als Zwangsarbeitergefängnis und Erbgesundheitsgericht, später richtete der sowjetische Geheimdienst KGB ein Untersuchungsgericht ein, ab Anfang der 50er Jahre bis zur Wende war es das Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit. Nach 1961 warteten in den Zellen hauptsächlich sogenannte Republikflüchtlinge auf ihre Urteile.

Während dieser letzte Teil der Geschichte bereits gut in der Gedenkstätte dokumentiert ist, steht die Aufarbeitung der NS-Zeit noch aus. Lutz Boede von Die Andere hatte die geplante Einrichtung eines Ausstellungs-„Moduls“ über diesen Teil der Historie mehrfach als viel zu spät kritisiert. Gabriele Schnell, Vorkämpferin für die Gedenkstätte hatte für die Verzögerung vor allem fehlendes Personal und mangelnde finanzielle Ausstattung verantwortlich gemacht.

Das soll sich nun ändern. Knapp eine Million Euro an Fördermitteln seien beim Land und beim Bund beantragt worden, sagte Götzmann. Der „größte Teil“ davon solle zwar für Baumaßnahmen im Innern des Gebäudes investiert werden, etwa im Foyer, für Projektwerkstätten und Mitarbeiterbüros. Doch der Rest fließe in den Aufbau des „NS-Moduls“. Während der Jahre 1934 bis 1944 hatte das Erbgesundheitsgericht der Nazis mehr als 4200 Frauen und Männer zur Zwangssterilisation verurteilt. Diese Zeit soll in einem Teil des Vordergebäudes und im Seitentrakt der Gedenkstätte beleuchtet werden. Dieser Ausstellungsteil soll laut Götzmann im kommenden Jahr öffnen.

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