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Tausende Potsdamer haben wegen der hohen Kosten für den Bioabfall kleinere Mülltonnen beantragt. Das belastet zunehmend die städtische Verwaltung.

© Peter Steffen/dpa

Mülltrennung in Potsdam: Die Folgen der Biotonne

Wegen der gestiegenen Müllkosten beantragen Tausende Potsdamer kleinere Müllbehälter. Das belastet die Stadtverwaltung.

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Potsdam - Einige Hundert Beschwerden, Tausende Änderungswünsche: Die gesetzlich vorgeschriebene Einführung der Biotonne in Potsdam zieht einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich. Wie Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN auf Anfrage bestätigte, gingen allein seit Anfang des Jahres rund 1700 Wünsche von Bürgern für neue Mülltonnen ein – speziell, um etwa schwarze Tonnen für Restmüll zu verkleinern und damit Geld zu sparen. Im Hauptausschuss hatte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) zuletzt sogar von insgesamt 5000 Änderungsanträgen für neue Tonnengrößen gesprochen. Zudem seien bis jetzt 270 Widersprüche gegen die wegen der Biotonne erhöhten Müllgebühren eingegangen, so Brunzlow. Juristische Auseinandersetzungen gebe es aber noch nicht.

Nach einem Pilotprojekt in Potsdam-West, in der Innenstadt und am Schlaatz muss seit Jahresbeginn jeder Potsdamer Haushalt die Biotonne für Essensabfälle nutzen. Zugleich stiegen damit die Gebühren – für die Abholung von Restmüll um rund 30 bis 35 Prozent, je nach Tonnengröße. Dazu kommen die neuen Gebühren für die Biotonne: Für eine übliche 60-Liter-Tonne fallen zum Beispiel bei wöchentlicher Leerung jährlich 76,39 Euro an.

„So kann jeder seine Abfallkosten reduzieren.”

Das alles sorgt bei vielen Haushalten für Änderungsbedarf, wie auch Sprecher Brunzlow nachvollziehen kann. Er erklärt es mit seinem persönlichen Beispiel: „Bisher hatte ich eine schwarze Tonne im wöchentlichen Rhythmus. Nun habe ich diese abbestellt, weil ich gemeinsam mit meinem Nachbarn eine Tonne nutze.” Das ist ein Änderungsantrag. Brunzlow weiter: „Mein Nachbar hat eine kleinere Tonne bestellt. Antrag Nummer zwei.“ Und so geht das weiter. „Wir werden jetzt den Leerungsrhythmus nochmals verändern, weil die schwarze Tonne fast leer ist.” Der nächste Antrag. Für solche Änderungswünsche habe die Stadtverwaltung stets geworben, so Sprecher Brunzlow: „So kann jeder seine Abfallkosten reduzieren.” Die Umstellung sei in diesem Jahr gebührenfrei. Allerdings sei wegen der Vielzahl der Anfragen mit einer längeren Bearbeitungsdauer zu rechnen.

Ein weiteres Problem beim Start der Biotonne: Viele Potsdamer wussten offensichtlich nicht, wann die neuen Tonnen geleert werden und dass auch für die anderen Müllbehälter neue Abholzeiten gelten. Die Folge waren überquellende Tonnen, weil Termine verpasst wurden. Inzwischen hat die Stadt reagiert. Ab sofort ist im Internet ein interaktiver Abfuhrkalender nutzbar. Dort können Potsdamer für ihre Straße die Termine der Müllabfuhr in einer Monatsübersicht einsehen. Zudem ist es möglich, eine Jahresübersicht auszudrucken.

Die Linke will einen Abfallkalender

Der Linken-Opposition im Stadtparlament reicht das nicht: Die Fraktion will für Potsdamer Haushalte einen Abfallkalender drucken lassen. Diese Maßnahme soll die Stadtverwaltung prüfen, heißt es in einem Linke-Antrag für die nächste Stadtverordnetenversammlung. Solche Kalender seien anderswo in Brandenburg üblich, so die Fraktion. „Es hat eben nicht jeder einen Internetzugang”, sagte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg den PNN.

Den Oppositionschef ärgert zudem, dass die Verwaltung nicht wie eigentlich beschlossen bis März eine Gebührenkalkulation für einen 14-tägigen Abholrhythmus für die Biotonne vorlegt. „Das ist ein Offenbarungseid und nicht bürgerfreundlich”, sagte Scharfenberg. Bisher müssen alle Potsdamer die Tonne einmal pro Woche abholen lassen, auch wenn wenig Biomüll anfällt. Zur Kritik Scharfenbergs hatte Müller-Preinesberger zuletzt im Hauptausschuss gesagt, durch das Rechtsamt werde derzeit geprüft, ob die für einen Zwei-Wochen-Rhythmus nötige Satzungsänderung überhaupt im laufenden Jahr zulässig sei. Zudem sei die Verwaltung durch die Vielzahl der Anträge auf neue Tonnengrößen gebunden. Und noch mehr Arbeit steht an: Mitte des Jahres muss die Stadtverwaltung nach einem Beschluss des Kommunalparlaments evaluieren, ob die neuen, erhöhten Gebührensätze zu hoch oder doch zu niedrig ausgefallen sind.

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