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Landeshauptstadt: Die Geschichten-Sängerin

„Wir sind Helden“-Frontfrau Judith Holofernes redete über das neue Album und Familienleben

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Die nur dreieinhalb Stunden Schlaf in der Nacht sieht man ihr nicht an. Als Judith Holofernes, Frontfrau der Berliner Band „Wir sind Helden“, am gestrigen Donnerstagnachmittag zum Babelsberger Sender BB Radio kommt. Sie ist allein. Ihre drei männlichen Bandkollegen schicken die Sängerin solo auf Werbetour nach Potsdam. Womöglich war die Nacht für den Helden-Rest aber auch noch kürzer. Am Vorabend spielte das Quartett unter dem nicht mehr ganz so geheimen Aliasnamen „Wo sind Helmet“ in Berlin ein Inkognito-Konzert, um die neuen Lieder des Albums „Bring mich nach Hause“ erstmals live auszuprobieren“. Die neue CD erscheint am 27. August. Ab heute ist bereits die erste Single „Alles“ aus dem Album erhältlich. „Wir wollen auf jeden Fall noch einige dieser Geheimkonzerte geben, ehe wir ab Oktober auf offizielle Tour gehen“, verspricht Holofernes. Ob Potsdam dabei sein könnte – es bleibt eine Überraschung.

Immerhin kennen die „Helden“ die brandenburgische Landeshauptstadt sehr gut. Für Bassist Marc Tavasso stellt der Auftritt im Waschhaus im Jahr 2002 den Startschuss für die eigene Heldenkarriere dar. Der Gig in Potsdam war sein erstes Testspiel – Tavasso bewährte sich und durfte bleiben. Aus den 15 Fans, die sich damals zum Konzert einfanden wurden Tausende, wie zur Eröffnung der neuen Waschhaus-Arena 2008, als die Band gleich zwei Konzerte geben musste, um den Nachfrage in Potsdam wenigstens einigermaßen zu stillen. Vielleicht wird ja auch der zehnte Geburtstag der Band, der 2012 anstehen wird – „erst 2002 waren wir mit Marc ja komplett“ – an der Stätte des Starts im Waschhaus gefeiert.

Ansonsten blieb es die vergangenen drei Jahre relativ ruhig um die einstige Vorzeige-Band der „Neuen Neuen Deutschen Welle“, wie die Gruppen, die um die Jahrtausendwende zwischen Hamburg und München aus dem Boden schossen, kategorisiert wurden. Doch „WsH“ stachen neben „Silbermond“ oder „Juli“ schnell hervor – die Texte, die aus Holofernes Feder stammen, griffen oftmals gesellschaftliche Themen auf, wie in „Ode an die Arbeit“ oder „Die Konkurrenz“. Die Band galt als politisch, vertrat offen linke Standpunkte. „Das neue Album hat weniger explizite Aussagen“, sagt Judith Holofernes beim Radiogespräch in Babelsberg. Sie habe beim Schreiben der Lieder „kaum an irgendein Sendungsbewusstsein gedacht“, die Texte seien „sehr, sehr introvertiert“. Dafür habe ich das Geschichtenerzählen gestärkt.“ Songs wie „Die Ballade von Wolfgang und Brigitte“ sind dabei entstanden, in dem Holofernes ihre Kindheitserlebnisse der späten 70er Jahre in den alternativen Berliner Kommunen beschreibt. „Es ist nicht die Geschichte meiner Eltern, sondern ein Mix aus vielen Menschen und dem Leben damals.“

Holofernes gründete vor zwei Jahren eine eigene Familie. Zusammen mit ihrem Ehemann, dem Helden-Schlagzeuger Pola Roy, lebt die 33-Jährige in Kreuzberg mit dem fast vierjährigen Friedrich und der 2009 geborenen Tochter Mimi. „Gerade passt der Papa auf die Kleinen auf“, entschuldigt Holofernes ihren Gatten. Es sei „eine große Herausforderung“, als Musiker eine Familie zu managen. „Da müssen wir gut organisiert sein.“ Fürs Ausspannen bleibt das Wochenende. „Ein Helden-Sonntag unterscheidet sich nicht sehr von dem anderer Menschen“, glaubt Holofernes. „Wir mäandern in den Tag hinein. Wenn geplant wird, an den See zu fahren, kann es drei Stunden dauern, ehe es wirklich losgeht.“ Kay Grimmer

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