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Die Apfelgräfin. Gräfin Daisy von Arnim betreibt bei Boitzenburg einen Hofladen und fährt mit einer mobilen Mosterei ueber die Dörfer.

© Klaus-Dietmar Gabbert/ddp

Von Susann Fischer: Die Gräfin mit dem Apfelkranz

Daisy Gräfin von Arnim baut das Geschäft mit uckermärkischen Äpfeln aus

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Boitzenburg - Wenn Daisy Gräfin von Arnim auf die Märkte in der Uckermark geht, setzt sie sich einen Apfelkranz auf den Kopf. Das hat ihr in der Region den Beinamen „Apfelgräfin“ eingebracht. Sie betreibt bei Boitzenburg einen Hofladen, fährt mit einer mobilen Mosterei über die Dörfer. „Bis zur Wende wusste ich nicht einmal, wo die Uckermark überhaupt liegt“, erzählt sie. Doch ein fast trotzig wirkender Satz ihres Mannes hatte damals ihr Leben verändert.

„Und ich mach es doch“, hatte Michael Graf von Arnim eines Morgens gesagt. Seit 1989 waren die beiden ein Paar, 1991 hatten sie geheiratet und in der Nähe von Helmstedt eine gemeinsame Wohnung bezogen. Seit der Wende hatten sie fast jedes Wochenende in der Uckermark verbracht. Das war jahrhundertelang die Heimat der Familie von Arnim gewesen. Der Vater von Michael, Sieghardt von Arnim, war auf Schloss Boitzenburg aufgewachsen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er mit seiner Familie in den Westen fliehen müssen. Nun wollte Michael Graf von Arnim in die Heimat seines Vaters zurückkehren.

Obwohl die Familie die früheren Ländereien nicht zurückbekam, entschieden sich der landwirtschaftliche Berater Michael von Arnim und die Buchhändlerin Daisy von Arnim, beide Jahrgang 1960, für den Neuanfang. 1997 kauften sie ein Gutshaus in Lichtenhain, das früher zum Schloss Boitzenburg und damit zum Familienbesitz gehört hatte.

Eigentlich hatte sie als Jugendliche davon geträumt, später als tüchtige Pfarrfrau mit sechs Kindern in einem efeubewachsenen Pfarrhaus zu leben. Stattdessen sollten jedoch Michael von Arnim und der Fall der Mauer im Jahr 1989 ihr Leben prägen.

Heute schwärmt Daisy von Arnim mit leuchtenden Augen von der Uckermark – ganz als wäre sie oberste Marketingchefin des Tourismusverbandes. Sie nennt die Uckermark ein „kleines Paradies“ und spricht von einer „einzigartigen Landschaft in Deutschland“ mit Hügeln, Wäldern, Feldern und Seen. Und Äpfeln. Es gebe in der Uckermark noch wunderschöne alte Apfelwege und verlassene Gärten mit vielen Apfelbäumen. Eines Tages fuhr Daisy von Arnim mit ihrem Auto viele Äpfel platt – und da war sie endlich, ihre Geschäftsidee.

Nach dem Umzug der von Arnims nach Lichtenhain bei Boitzenburg im Jahr 1995 hatte Daisy zunächst als Buchhalterin für ihren Mann gearbeitet. „Aber das war furchtbar für mich“, sagt sie. Als „Machertyp“ mit vielen Ideen sei sie nicht fürs Büro geschaffen. Also wurde eine Buchhalterin eingestellt. Daisy von Arnim konnte sich selbst verwirklichen. Mit Essen sollte es zu tun haben. „Und Arbeit wollte ich geben, weil das in der Uckermark der größte Mangel ist“, sagt sie.

Nach einigen Überlegungen lagen also die Äpfel auf ihrem Weg. „Das ist es, dachte ich“, erinnert sich die Gräfin. Sie fand alles mögliche Wissenswerte über die Äpfel heraus und probierte erste Rezepte. Heute, zehn Jahre später, gibt es in ihrem Hofladen im „Haus Lichtenhain“ alle möglichen Apfelprodukte vom Chutney über Marmelade bis zu Likör und Lebkuchen. Mit einer mobilen Mosterei fährt Daisy von Arnim übers Land und bietet ihre Dienstleistungen an: Die Leute können ihre Äpfel mosten lassen oder an die Gräfin verkaufen. Der Apfelsaft landet dann ebenfalls im Hofladen.

Neun Leute, fast ausschließlich Frauen, beschäftigt von Arnim mittlerweile. Einmal die Woche wird zusammen gegessen. Spricht sie von ihren Beschäftigten, sagt sie meist „meine Frauen“. Je nach Saison arbeiten die Frauen in Vollzeit oder auf 400-Euro-Basis. Das Geschäft soll sich langsam weiter entwickeln. Viel läuft inzwischen über das Internet. Ein Traum wäre für von Arnim ein Laden an der Ostsee und vielleicht auch in Berlin. Die Zahl der Mitarbeiterinnen will die Chefin verdoppeln. Und dann wären auch neue Geschäftsräume nötig. Aber alles brauche seine Zeit, sagt die energiegeladene und dennoch besonnene Unternehmerin.

Die meisten ihrer Kunden in ihrem Hofladen im „Haus Lichtenhain“ sind weiblich. „Die Frau ab 40 ist der typische Kunde, die Frau ab 70 kauft oft gleich die Zehnerpackung“, erzählt Daisy von Arnim. Und wie auf Bestellung betreten drei Damen den Laden. Die Frauen, sie kommen aus Celle und verbringen jedes Jahr ihren Urlaub in der Uckermark, shoppen. Es wird geschnattert. Die Gräfin ist in ihrem Element. Der Kontakt zu den Kunden ist ihr wichtig. Die Frauen kaufen Kekse, Apfelkraut, Likör – alles liebevoll verpackt und mit der Marke „Haus Lichtenhain“ versehen. Frau von Arnim empfiehlt noch Plätzchen.

„Klein aber fein“, bewertet eine Kundin zufrieden den Hofladen und verspricht, im nächsten Jahr wiederzukommen.

Susann Fischer

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